SACHBUCH
| 15.07.2020
CORONA
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Geschichte eines angekündigten Sterbens
Ein
Virus stürzte binnen weniger Monate Staaten, Gesellschaften und
die globale Wirtschaft in eine einzigartige Krise. Ein Team von 18 Reportern
hat ausführlich recherchiert und legt nun einen umfassenden Report
der weltweiten Pandemie vor.
von
Melanie Thaler
OWas
Ende Dezember 2019 mit Warnungen eines Augenarztes in Wuhan begann,
ist in kürzester Zeit zur globalen Pandemie geworden. SARS-CoV-2
ist ein gefährliches Virus, leicht übertragbar, tödlich,
aber noch mehr ist Covid-19 der Katalysator einer globalen Umwälzung,
die alle Gesellschaften und Wirtschaftssysteme ihrer Gewissheiten beraubt
und ihre Existenz bedroht. Ein Team von Medizinern, Wissenschaftlern
und Reportern, unter ihnen viele preisgekrönte Journalisten, recherchiert
auf den Spuren des Virus, recherchiert, wie es vom Tiermarkt im mittleren
China rund um den Erdball jagt und eine Spur der Verwüstung hinter
sich herzieht. Sie gehen der Frage nach, warum Regierende zum dritten
Mal nach der Klimakrise und der Migrationskrise scheitern an der Aufgabe,
aus Studien und Warnungen eine vorausschauende Politik zu entwickeln.
Und die Autoren geben Antworten auf die Frage, wie die Menschheit doch
noch die Pandemie in den Griff bekommen kann…
Willkommen
in der „neuen“ Normalität. Binnen weniger Minute hat
ein Virus die gesamte Welt verändert. Staaten, Gesellschaften und
die globale Wirtschaft wanken. Unruhen erschüttern den Globus und
nichts ist mehr so wie es einmal wahr. Unsere Gesellschaft hat sich
grundlegend gewandelt. Niemand kann voraussehen, wie lange die nun vorherrschenden
Einschränkungen noch gültig sein werden. Nun haben 18 Reporter
aus 12 Ländern einen umfassenden Report der Pandemie veröffentlicht.
Dafür haben sie mit zahlreichen Ärzten, Virologen, Politikern
und Wirtschaftsexperten gesprochen. Bei der Lektüre, die auch für
Laien leicht verständlich ist, fällt auf, dass bislang sehr
viel über diese Pandemie gesprochen und geschrieben wurde, doch
eine solche Chronik der Krise nicht existierte. Dafür gebührt
den Autoren Lob und Anerkennung. Das Buch ist sehr ausführlich
geschrieben und gliedert sich in vier Kapitel auf, welche die einzelnen
Phasen der Pandemie beschreiben (China, Italien, USA, Brasilien).
Die
Autoren beschreiben, wie leichtsinnig der Umgang mit dieser Pandemie
war und noch immer ist. Trotz zahlreicher Warnungen von Experten gab
es keine detaillierten Pläne der Politiker weltweit für den
Ernstfall. Das war nicht nur fahrlässig, es war tödlich für
viele tausende Menschen weltweit. Das Buch ist jedoch nicht nur eine
ausführliche und detaillierte Chronik dieser verheerenden Pandemie,
sondern bietet eine Analyse der Maßnahmen und einen Ausblick in
die Zukunft – eine Zukunft, die uns alle betreffen wird. „Corona
– Geschichte eines angekündigten Sterbens“ ist eine
gute Gelegenheit mit den Grundlagen dieser Pandemie vertraut zu machen
und bietet zugleich interessante Hintergrundinformationen. So lernt
man zum Beispiel über die innere Verfasstheit der Weltgesundheitsorganisation
(WHO), die in dieser Pandemie mit großen Erwartungen überfrachtet
wurde, jedoch viel weniger Kompetenzen hat als dafür notwendig.
Aber auch die Spannungsfelder der Politik werden einleuchtend beleuchtet
und erklärt. Für alle Akteure war und ist diese Pandemie Neuland.
Es gibt keine Entscheidungsmuster, auf welche man sich beziehen kann.
Jede Entscheidung, die über den Tod von vielen Menschen entscheiden
kann, ist ein herantasten. Das Buch ist eine umfassende Momentaufnahme
der Pandemie.
Am
Ende des Buchs befindet sich ein Anhang, wo die „16 größten
Corona-Mythen“ einem Faktencheck durch die Autoren unterzogen
werden. Im Sinne einer breiten gesellschaftlichen Diskussion hätte
man sich bei der Lektüre dieses Buches gewünscht, dass auch
Virologen zu Wort kommen, die eine abweichende Meinung vertreten. Es
ist im wissenschaftlichen Diskurs eine Selbstverständlichkeit,
dass es keine absoluten Gewissheiten gibt, sondern eine stete Diskussion
stattfindet. In dieser Hinsicht agieren die Autoren ein wenig verhalten.
Die gesellschaftliche Debatte zu diesem Thema ist in den letzten Monaten
von vielen Seiten vergiftet geführt worden. Dabei kann doch nur
eine offene Gesprächskultur Klarheit und Fortschritt bringen. Gegenseitige
Verdächtigungen und Beschimpfungen führen nur zu unnötigem
Lagerdenken.