SACHBUCH | 05.07.2023
DER
FÜRST
DER
FÜRST von Niccolò Machiavelli gilt als eines der wichtigsten
Werke der modernen politischen Philosophie. Nun ist im Anaconda-Verlag
eine Neuauflage mit ausführlichen Erläuterungen von Max Oberbreyer
erschienen.
von
Richard-Heinrich Tarenz
Machiavellis
»Der Fürst« ist der berühmteste staatsphilosophische
Traktat der Weltliteratur. Unter den Begriff des Machiavellismus fasst
man noch heute die Haltung skrupelloser Machtpolitik. Schockiert und
fasziniert hat durch die Jahrhunderte vor allem der schonungslos rationalistische
Realismus, mit dem sich Machiavelli in seinen Analysen und Empfehlungen
über bestehende Moralvorstellungen hinwegsetzt, sofern es dem höheren
Ziel der Erhaltung des Staates dient. Sein Werk wurde mal als grundlegender
Beitrag zur Fürstenerziehung, mal als Rechtfertigungstheorie tyrannischer
Regentschaft, mal als Legitimierung der Staatsraison gedeutet.
Niccolò
di Bernardo dei Machiavelli (* 3. Mai 1469 in Florenz, Republik Florenz;
† 21. Juni 1527 ebenda) war ein italienischer Philosoph, Diplomat,
Chronist, Schriftsteller und Dichter. Er gehört zu den bekanntesten
Personen der Geschichte. Doch was begründet seinen Ruhm? Sein Ruhm
beruht hauptsächlich auf seinem Werk DER FÜRST (Il Principe),
welches er um 1513 verfasst hat. Darin unternimmt er den Versuch, Macht
analytisch zu untersuchen und die Differenz zwischen dem, was sein soll,
und dem, was ist, festzustellen. Er orientierte sich in seiner Analyse
an dem, was er für empirisch feststellbar hielt. Dieser Ansatz
gilt als wegweisend und revolutionär. Seine Aussagen und Analysen
sind bis in die heutige Zeit aktuell und von größter Relevanz.
Der
später geprägte Begriff des Machiavellismus wird oft als abwertende
Beschreibung eines Verhaltens gebraucht, das zwar raffiniert, aber ohne
ethische Einflüsse von Moral und Sittlichkeit die eigene Macht
und das eigene Wohl als Ziel sieht, dem Inhalt und Wirken von Machiavelli
jedoch nur bedingt gerecht wird. DER FÜRST ist Lorenzo di Piero
de’ Medici gewidmet. Das Buch ist in 26 Kapitel aufgeteilt, wobei
der Autor zunächst von den verschiedenen Fürstentümern
spricht und wie man sie erlangen kann, anschließend über
die richtige Führung eines Heeres und abschließend über
das richtige Verhalten eines Fürsten und welche Eigenschaften er
aufweisen sollte. In diesem Bereich liegt eindeutig der Schwerpunkt
des Buches.
In
der Widmung nennt Machiavelli „den Gegenstand und die Methode
des Vorhabens, nämlich aus Erfahrung der politischen Gegenwart
und antiker Verhältnisse Regeln für die Fürstenherrschaft
zu gewinnen.“ Im Lauf der Geschichte wurde das Buch auf vielfältige
Art und Weise interpretiert und rezipiert. Es lässt sehr viel Spielraum
für Interpretationen. Nach seiner Veröffentlichung rief DER
FÜRST zahlreiche Kritiker auf den Plan. Machiavellis Gegner sahen
in dem Traktat eine Anleitung für nach persönlichem Erfolg
und Macht strebende Politiker und empörten sich ob der geringen
Beachtung, die Machiavelli den christlichen Moralvorstellungen der damaligen
Zeit zollte. Darüber hinaus störten sich viele Zeitgenossen
an Machiavellis empirischem Denkansatz, der im Widerspruch zur rationalistischen
Methodik der Scholastik stand. Das führte dazu, dass das Buch 1557
von der päpstlichen Indexkommission zensiert wurde. Die Kritiker
des Traktats prägten somit den Begriff des Machiavellismus, welcher
auch heute meist noch als abwertender Begriff verwendet und mit Tyrannei,
Ausbeutung und Gewissenlosigkeit in Verbindung gebracht wird.
Dieser
Betrachtungsweise ist jedoch entgegenzuhalten, was Machiavelli formuliert:
„Nicht das Wohl der einzelnen, sondern das öffentliche Wohl
macht Staaten groß!“ und „Republiken sind Staaten,
in denen das Volk Fürst ist!“. Wer Machiavelli auf Politik
mit Lüge, Verbrechen und Dolch reduziert, hat den Autor nicht verstanden.
Vielmehr darf man dort, wo es ohne diese Dinge geht, diese Mittel gar
nicht anwenden. Und zwar nicht aus moralischen Gründen, sondern
weil es unpolitisch wäre, es zu tun. Sollte jedoch eine Lage bestehen,
wo diese Dinge unvermeidlich sind, wenn es um die bloße Existenz
und das Schicksal der Menschen geht, dann muss ein Staatsmann das große
Opfer bringen und dem Staat seine Seele als ultimative Hingabe darbieten.
Diese Neuauflage auf dem Anaconda-Verlag brilliert mit ausführlichen
Erläuterungen von Max Oberbreyer, welcher jedes Kapitel historisch
einordnet und dadurch greifbar und verständlich macht.
DER
FÜRST
Mit ausführlichen Erläuterungen von Max Oberbreyer
Max
Oberbreyer (Herausgeber), Niccolò Machiavelli (Autor)
Anaconda Verlag | Gebundene Ausgabe: 160 Seiten
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