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BELLETRISTIK | 10.03.2021

Die geheime Mission des Kardinals

Mit seinem neuen Roman „Die geheime Mission des Kardinals“, der jetzt als Taschenbuch bei dtv erschienen ist, meldet sich der deutsch-syrische Schriftsteller Rafik Schami wortgewaltig zurück. Der Roman ist ein bunter Blumenstrauß an Themen, die der Autor zu einer spannenden und unterhaltsamen Geschichte zusammenfügt.

von Melanie Thaler


© Arne Wesenberg

Es ist das Jahr 2010, noch herrscht Frieden in Syrien. Die italienische Botschaft in Damaskus bekommt ein Fass mit Olivenöl angeliefert, darin die Leiche eines Kardinals. Kommissar Barudi will das Verbrechen aufklären; Mancini, ein Kollege aus Rom, unterstützt ihn und wird sein Freund. Auf welcher geheimen Mission war der Kardinal unterwegs? Und wie stand er zu dem berühmten Bergheiligen, einem Muslim, der sich auf das Vorbild Jesu beruft? Als die beiden Kommissare der Aufklärung zum Greifen nahekommen, fallen sie in die Hände bewaffneter Islamisten…

In einem Fass mit Olivenöl schwimmt die Leiche eines Kardinals, der in einer geheimen Mission in Syrien unterwegs war. Das hört sich nach einer spannenden Geschichten mit vielen möglichen Implikationen an. Der neue Roman von Rafik Schami, der nun als Taschenbuch bei dtv er, fängt mit einer ungewöhnlichen Prämisse an, die sich im Verlauf des Romans stetig weiterentwickelt. Wie für den Autor üblich, entwickelt der Roman dabei eine erhebliche erzählerische Kraft, die sich in zahlreichen Nebenhandlungen entlädt, denen nicht immer so ganz einfach zu folgen ist. Rafik Schami entwickelt in „Die geheime Mission des Kardinals“ ein facettenreiches erzählerisches Mosaik, welches die Leserinnen und Leser in das Syrien vor dem verheerenden Bürgerkrieg entführt, der das Land seit 2011 verwüstet und unzähligen Menschen das Leben das gekostet hat.

Wie für die zahlreichen Bücher von Rafik Schami üblich, lässt sich auch sein letzter Roman nur schwer fassen, wenn es um die literarische Einordnung geht. Das Buch ist ein spannender Krimi, eine emotionale Liebesgeschichte und zugleich der Versuch einer Gesellschaftsanalyse eines faszinierenden Landes. Leider gelingt es dem Autor dabei nicht immer, die Balance zwischen den verschiedenen Aspekten seines Romans zu finden. Zunächst begegnen wir einem ungleichen Ermittlerduo, bestehend aus einem italienischen Ermittler und dem damaszenischen Kommissar Barudi, dass den mysteriösen Mord des Kardinals aufklären soll.


© Iyad Al Ghafari (Pixabay)

Schnell geraten sie in eine explosive Gemengelage zwischen den unterschiedlichsten religiösen und politischen Gruppen. Sie werden zum Spielball von Islamisten, unterschiedlichen Geheimdiensten, der Mafia, Politikern, christlichen und muslimischen Gruppen und falschen Heiligen, welche den Aberglauben der Bevölkerung ausnutzen. In diesem Gewirr von unterschiedlichen Akteuren und Interessen verliert man gelegentlich durchaus den Überblick. Und dann ist da noch die Liebesgeschichte zwischen Barudi und seiner Nachbarin. Das alles spielt sich ab am Vorabend des syrischen Bürgerkriegs. Die Kriminalgeschichte, rund um den Mord an dem Kardinal, erweist sich als spannend und konventionell. Ebenso ist die entstehende Männerfreundschaft zwischen Barudi und seinem italienischen Kollegen vorhersehbar und folgt bekannten Erzählmustern. Doch diese beiden Aspekte, bzw. Erzählstränge sind nicht von entscheidender Relevanz. Sie dienen als Kulisse, als Bühne für die eigentlichen Handlung.

Dieser Roman ist ein spannendes und faszinierendes Sittengemälde eines Landes mit einer großen und reichhaltigen Geschichte, die sich in seiner bedeutsamen Kultur widerspiegelt. Ein Land und eine Gesellschaft, die durch den syrischen Bürgerkrieg an den Rand des Untergangs gebracht wurde. Ein Land wurde zum Spielball der Interessen fremder Mächte. Rafik Schami fängt in seinem Roman die Ruhe vor dem blutigen Sturm ein. Es ist ein Abgesang auf eine Zeit, die so nie wieder kommen wird. Erzählerisch ist das Buch wortgewaltig und voller Sinnlichkeit. Wie kaum ein anderer Autor versteht Schami es, Menschen und Kulturen zum Leben zu erwecken. Wenn man die Augen schließt, kann man seine Worte spüren und greifen. Für viele Menschen ist Syrien ein fernes Land und verbinden es mit Krieg und Gewalt. Doch in eben dieser Region steht die Wiege der modernen Zivilisation. Die christlichen Gemeinden in Syrien gehören zu den ältesten christlichen Gemeinden der Welt. In ihrer aramäischen Sprache spiegelt sich die Sprache wider, die einst Jesus sprach.


DIE GEHEIME MISSION DES KARDINALS

RAFIK SCHAMI | dtv Verlagsgesellschaft | Taschenbuch: 432 Seiten | 19.02.21


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