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Startseite > Bücher > Sachbuch | 06.11.2019

SACHBUCH
Die Machtelite

Charles Wright Mills war einer der schillerndsten amerikanischen Intellektuellen, ein „radikaler Nomade“ und „postmoderner Cowboy“. Generationen von Leserinnen und Lesern wurden durch „Die Machtelite“ zu kritischem Denken animiert. In seinem bahnbrechenden Buch beschreibt Mills einen Komplex von drei fest miteinander verbundenen Macht-zentren: die militärische, wirtschaftliche und politische Elite – und kritisiert dabei bereits jene Entwicklungen, die heute als „Postdemokratie“ zusammengefasst werden.

von Richard-Heinrich Tarenz

Charles Wright Mills war einer der schillerndsten amerikanischen Intellektuellen, ein „radikaler Nomade“ und „postmoderner Cowboy“. Zusammen mit Herbert Marcuse und Frantz Fanon zählt Mills zu den wichtigsten Wegbereitern der Neuen Linken – und wurde selbst nach seinem vorzeitigen Tod 1962 von der CIA als „intellektuelle Bedrohung“ eingestuft. Generationen von Leserinnen und Lesern wurden durch „Die Machtelite“ zu kritischem Denken animiert. In seinem bahnbrechenden Buch beschreibt Mills einen Komplex von drei fest miteinander verbundenen Macht-zentren: die militärische, wirtschaftliche und politische Elite – und kritisiert dabei bereits jene Entwicklungen, die heute als „Postdemokratie“ zusammengefasst werden. Über 60 Jahre nach Erscheinen ist sein Werk aktuell wie nie – wer sich für Elitenforschung interessiert, kommt an Mills nicht vorbei…

Mit „Die Machtelite“ ist nun im Westend Verlag ein Buch erschienen, dass auch nach mehr als 50 Jahren nichts von seiner Aktualität und Kraft verloren hat. Ein großes Lob und spezieller Dank gehen an Björn Wendt, Michael Walter und Marcus B. Klöckner, welche dieses Buch von C. Wright Mills neu herausgeben und damit für eine neue Generation von interessierten Leserinnen und Lesern verfügbar machen. In einem sehr ausführlichen Vorwort wird das Leben des Autors geschrieben, sein Werk historisch eingeordnet und damit in einen Kontext gestellt, der seine Relevanz für die heutige Welt verdeutlicht. Das Buch ist ein Standardwerk der Soziologie, hat die Machtstruktur- und Elitenforschung begründet und bietet wichtige Verständnisgrundlagen politischer Systeme. „Die Machtelite“ ist ein Buch, dass man gelesen haben sollte. Es ist jedoch nicht nur inhaltlich sehr informativ, sondern auch liest sich sehr gut. Man spürt in jeder Textzeile die Hingabe und das Herzblut des Autors.

Es ist ein kraftvolles Vermächtnis eines unbequemen Querdenkers, der seiner Zeit in vielen Aspekten voraus war. Er war bis zu seinem Tod im Jahre 1962 Professor für Soziologie an der Columbia Universität in New York und gilt als einer der einflussreichsten und wichtigsten Intellektuellen der USA. Das Buch ist sowohl für den Experten, als auch für den interessierten Laien lesenswert und interessant. Der Autor erklärt anhand vieler Beispiele was Eliten eigentlich sind, wie sie sich zusammensetzen, welche Interessen sie verfolgen, wie sie funktionieren und worin ihre Macht besteht. Es verständlich, wieso eine kleine Gruppe Superreiche an der Spitze steht und Staat und Gesellschaft dazu bringt seine Interessen zu bedienen. Die Folgen sind eine wachsende gesellschaftliche Ungleichheit und eine Oligarchie, in welche sich die USA schon vor einige Zeit verwandelt haben.

Sehr genau identifiziert C. Wright Mills die Akteure dieses Systems. Es sind Topmanager, Militärs, Superreiche, Politiker und gesellschaftliche Akteure, die alle in einem unterschiedlichen Grad der Abhängigkeit agieren. Das Buch gibt Antwort auf die Fragen wer diese Menschen sind, woher sie kommen, welche Interessen sie verfolgen und welche Rolle sie spielen. Das Buch macht das komplizierte Netzwerk an Interaktionen zwischen den einzelnen Gruppen deutlich und macht Ziele deutlich. Seine Analyse der „Massengesellschaft“ ist auch nach mehr als 50 Jahren erschreckend aktuell. Es wird verständlich, wie Apathie und Angst die einfachen Bürgerinnen und Bürger beeinflussen und lenken. Angst als effektives Herrschaftsinstrument, um die Massen gefügig zu machen. Aber auch das Bildungssystem hat eine wichtige Rolle in diesem System.

Das Buch macht eindringlich klar, warum eine gute Bildung für die gesamte Bevölkerung so wichtig ist und warum die Elite daran nur wenig Interesse hat. Wie bei allen Themen in diesem Buch, beschleicht den Leser ein ungutes Gefühl der Erkenntnis was den aktuellen Zustand unserer Erde betrifft. Danach beleuchtet der Autor die Rolle der Massenmedien. Er entlarvt Lügen und Märchen und entzaubert den Mythos der „vierten Gewalt“ und zeigt die Machtstrukturen hinter den Massenmedien. Das Kapitel „Die höhere Unmoral“ stellt den Höhepunkt der Ausführungen von C. Wright Mills in diesem Buch dar. Es ist ein großer Moment der Erkenntnis. Mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden.

„Die Machtelite“ liest sich so spannend wie ein Thriller. Dieses Buch mag man gar nicht mehr aus der Hand legen. Es ist erschütternd, faszinierend, informativ und niemals langweilig. Die Anmerkungen erstrecken sich auf über 100 Seiten und bieten sehr viel Anregungen für die weitere Auseinandersetzung mit diesem wichtigen Thema. Aber auch optisch kann das Buch überzeugen: Festeinband, hochwertiges Papier und eine sehr angenehme Schriftgröße. „Die Machtelite“ gehört zu den wenigen Büchern, welche das Potential haben die Welt zu verändern. Es bietet die Grundlage für eine kritische Einstellung gegenüber Staat und Gesellschaft und ist zugleich ein mutiges Plädoyer für eine bessere Zukunft.


C. Wright Mills / Björn Wendt, Michael Walter, Marcus B. Klöckner (Herausgeber)
Die Machtelite
Westend

 

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