BELLETRISTIK
| 09.09.2020
Es
war einmal ein blauer Planet
Der
junge Robin ist überwältigt, als er aus seiner Raumkapsel
steigt. Der warme Sand unter seinen Füßen, der sanfte Wind
und das Farbenspiel des Meers sind so viel besser als jede noch so perfekte
virtuelle Realität. Er ist auf der Erde, diesem fernen blauen Planeten,
den er bislang nur aus Filmen und Erzählungen kannte. Doch seine
Mission ist keine leichte: Können die Menschen auf ihren Heimatplaneten
zurückkehren, obwohl sie einst dafür gesorgt hatten, dass
er unbewohnbar wurde? Wie sollen sie leben, damit Glück für
alle möglich ist? Und zählt Liebe noch?
von
Richard-Heinrich Tarenz
©
pixajopari auf Pixabay
Der
Name François Lelord dürfte vielen Leserinnen und Lesern
durch „Hectors Reise“ ein Begriff sein. Mit diesem Roman
gelangte der französischer Psychiater und Schriftsteller zu literarischen
Weltruhm. Das Buch zeichnet sich durch seine philosophischen Betrachtungen
und seinen kunstvollen Schreibstil aus. Nun also "Es war einmal
ein blauer Planet", das in einer gebundenen Ausgabe und als Hörbuch
erscheint. Dieser Rezension liegt das Hörbuch, das eine vollständige
Lesung umfasst, zugrunde. Nico Holonics und Bernadette Heerwagen machen
dabei ihre Aufgabe als Erzähler sehr gut. Das Thema Glück
zieht sich wie ein roter Faden durch das Werk von François Lelord.
So auch in „Es war einmal ein blauer Planet". So fragt sich
Hauptfigur Robin, als er die Erde betritt, nachdem zuvor Spezialeinheiten
nicht von der Erde zurückkehrten, was genau Glück ist. Er
spürt die ganze Pracht der Erde - die reine Luft, der feine Sand,
Flora und Fauna und das klare Wasser. Inmitten dieser Schönheit
verspürt er Fragen von großer philosophischer Tiefe. Welche
Form des (Zusammen-) Lebens ist sinnvoll und richtig und für wen?
Welche
Bedeutung haben das Individuum, die Masse, die Welt? Über die Fragen
muss man als Leser noch lange Zeit nachdenken, auch wenn das Hörbuch
bereits geendet hat. Die Diskussion von Robin mit den Bewohnern der
Erde, die ihr ganz eigenes Paradies gefunden haben, sind tiefgründig
und spannend. Es offenbaren sich zwei völlig unterschiedliche Gesellschaften
und die Frage, welche Gesellschaft „besser“ ist. Dabei wird
klar, dass diese Frage in die Irre führt. Dieses Buch ist ein mutiges
Gedankenspiel und ein Plädoyer für die Kraft des menschlichen
Geistes und die freie Entscheidung. Die Frage schließlich, ob
die Menschen wieder auf der Erde ansiedeln, nachdem sie den Planeten
zuvor zerstört haben, ist sehr interessant und überraschend.
„Es war einmal ein blauer Planet" ist nichts für den
schnellen Konsum. Man muss sich dafür Zeit lassen und ein gewissen
Grundinteresse für philosophische Themen mitbringen. Dann wird
man reich belohnt.
François
Lelord – Es war einmal ein blauer Planet
Der
Hörverlag | Hörbuch: 7 Stunden und 51 Minuten
| 10. August 2020
|