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SACHBUCH | 16.02.2022

Kulturerbe: Cultural Heritage

In seinem neuen Bildband „Kulturerbe - Cultural Heritage“, erschienen im Könemann-Verlag, beschäftigt sich der renommierte Fotograf Stefan Neubauer mit den ehemaligen sowjetischen Militärbasen auf dem Gebiet der untergegangenen „DDR“. Das Ergebnis sind faszinierende Fotografien eines vergessenen Kulturerbes.

von Richard-Heinrich Tarenz

Die ehemaligen sowjetischen Militärbasen im Osten Deutschlands sind ein vergessenes und verkanntes Kulturerbe, das keinen Platz im kollektiven Gedächtnis Deutschlands erhalten hat. Sowjetische Orte sind zu lost places geworden, die aus der Geschichte "herausgefallen" sind. Um sie in Erinnerung zu halten braucht es Fotografen wie Stefan Neubauer, der sie wie ein Archäologe oder gar ein Forensiker mit seiner Kamera dokumentiert und die Atmosphäre der verlassenen Orte in mehr als 1000 Fotografien eingefangen hat. Die in diesem Bildband gezeigten Fotografien sind in einem Zeitraum von über zehn Jahren entstanden. Es sind verborgene Schätze aus einer längst vergangenen Zeit, diesen Zeugnissen aus dem Kalten Krieg, den verlassenen Kasernenanlagen, den überdimensionalen Propagandabildern und zum Teil skurril anmutenden Wandmalereien…

„Kulturerbe: Cultural Heritage“ ist ein bemerkenswertes und schönes Buch und zugleich ein beeindruckender Bildband mit lesenswerten Texten. Das großformatige Buch gibt einen faszinierenden Einblick in eine vergessene und einst verbotene Welt. Es entführt den Leser in die Welt des Kalten Kriegs, als die Menschheit am Abgrund der nuklearen Vernichtung stand. Es ist die Reise in die ehemalige „DDR“, untergegangen und in Vergessenheit geraten wie die UdSSR. Deren Kasernen der Roten Armee stehen im Mittelpunkt dieses Buches. Die hochwertigen Fotografien von Stefan Neubauer in diesem Bildband stammen aus verschiedenen sowjetischen Kasernen auf dem Gebiet der ehemaligen „DDR“. Sie zeigen eine interessante Kombination aus Wandmalerei, Architektur und den Spuren der Vergänglichkeit. Durch die lesenswerten Texte der verschiedenen Autorinnen und Autoren entsteht so ein nahezu vergessenes Kapitel der deutsch-russisch/sowjetischen Geschichte neu. Ein sehr schöner Fakt ist dabei der Umstand, dass es eine russisch-sprachige Textspalte gibt. Das Buch bereitet viele Stunden lang Freude, weckt Interesse mehr über die darin behandelten Themen zu erfahren und bietet hochwertige Fotos.


© koenemann.com/Stefan Neubauer

Die darin abgebildeten Wandgemälde aus diversen sowjetischen Kasernen, die oftmals von den dort stationierten Soldaten angefertigt wurden, sind sehr spannend. Sie sind nicht nur eine Zeitreise in die Vergangenheit, sondern zeigen zugleich die kraftvolle Vielseitigkeit dieser sehr speziellen Kunstform. Sie legen Zeugnis über die damals vorherrschende Propaganda und Ideologie ab. Sie lassen vielfältige Deutungen zu und gelegentlich scheint es so, als ob sie verborgene Wünsche der Künstler beinhalten. Ein ewiges Geheimnis. Manchmal sagt ein Bild eben doch mehr als tausend Worte. Es ist verrückt, dass mitten in diesem Land solche vergessenen Orte bestehen, die im Dornröschenschlaf verharren.

Es ist das große Verdienst von Stefan Neubauer, diesen Orten wieder ein Gesicht zu geben und sie Teil einer öffentlichen Debatte werden zu lassen. Dafür arbeitete der Fotograf mit Großbild und Panoramakamera. Dementsprechend sind die Fotos in diesem Bildband sehr detailreich. Abgerundet wird der positive Eindruck von dem Umstand, dass die Fotos sehr hochwertig gedruckt wurden. Generell hat man sich bei der Buchgestaltung sehr viel Mühe gegeben. „Kulturerbe: Cultural Heritage“ ist ein wunderschön bebildertes Statement gegen das Vergessen. Es ist ein kraftvolles Plädoyer, diese „Lost Places“ wieder in das Bewusstsein der Gesellschaft zu bringen. Sie sind Zeugen einer wechselhaften Vergangenheit, von den Irrungen und Wirrungen des blutigen 20. Jahrhunderts.


KULTURERBE: CULTURAL HERITAGE

Christoph Meissner, Stefan Neubauer, Tanja Zimmermann, Andreas Hilger
Könemann Verlag | Gebundene Ausgabe:420 Seiten


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