FILME | 18.03.2022

COLLIEN ULMEN-FERNANDES

Collien Ulmen-Fernandes ist eine erfolgreiche Schauspielerin, Synchronsprecherin, Fernsehmoderatorin und Autorin. Im Interview spricht Sie über ihre Tätigkeit als Synchronsprecherin für den neuen Disney/Pixar-Animationsfilm ROT, flauschige rote Pandas, Boybands und vieles mehr.

von Richard-Heinrich Tarenz


© 2021 Disney/Pixar

Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer ersten Rolle als Synchronsprecherin in einem Disney-Pixar- Animationsfilm. Was war Ihre erste Reaktion, als der Anruf von Disney kam und es um die Frage ging, als Synchronsprecherin in ROT mitzuwirken?

Collien Ulmen-Fernandes: Also, es gibt ja manchmal so Angebote, bei denen sagt man: „Klar, gerne, kann ich machen.“ Und dann gibt es Angebote, bei denen man jubelt und sich richtig freut. Diese Anfrage fiel definitiv in die zweite Kategorie. Also ein Angebot, über das ich mich sehr gefreut habe und erst einmal innerlich jubeln musste. Ich habe vor zwei Jahren schon einmal einen Film synchronisiert. Da habe ich gedacht, dass ich das so gerne wieder machen würde. Und jetzt in dieses Disney-Universum eintauchen zu dürfen, für die Könige der Animationsfilme synchronisieren zu dürfen, war für mich natürlich total großartig.

Sie erwähnten gerade, dass Sie bereits als Synchronsprecherin gearbeitet haben. Was macht für Sie dabei den Reiz aus?

Collien Ulmen-Fernandes: Es ist natürlich spannend, sich ausschließlich auf die Stimme zu konzentrieren. Dadurch hat man Einschränkungen, weil man eben nicht mit Mimik und Gestik arbeiten kann, aber dafür auch ganz andere Möglichkeiten. Ich habe mir bei all den Rollen, die ich bisher synchronisiert habe, überlegt, dass ich denen eine Stimme geben möchte, die möglichst weit weg ist von meiner eigenen. Und insofern habe ich mich immer gefreut, wenn Leute gesagt haben, dass man mich gar nicht erkennt und das ich ganz anders klinge. Das ist genau das spannende an der Synchronisation, dass man sich eine andere Stimme überlegen kann, die man dann einfach für den Film durchzieht.

Wie bereitet man sich auf seine Arbeit als Synchronsprecherin vor?

Collien Ulmen-Fernandes: Man macht Stimmtraining auf dem Weg ins Studio. Das ist einmal die Vorbereitung. Und dann muss man sich einfach fallen lassen und offen sein für das, was die Synchronregisseure und Synchronregisseurinnen einem sagen. Ich glaube, manchmal ist es gut, sich gar nicht zu viel vorzunehmen, weil es ja auch passieren kann, dass diejenigen, die verantwortlich sind, eine ganz andere Vorstellung von der Rolle haben. Man sollte im Kopf offen bleiben, aber so ein bisschen Stimmtraining kann nicht schaden.

Es gab bei ROT ein tolles Team von Synchronsprecherinnen und Synchronsprechern. Wie war die Zusammenarbeit im Studio und was waren die speziellen Herausforderungen bei der Produktion?

Collien Ulmen-Fernandes: Die Herausforderung lag im späteren Teil des Filmes, wo es sehr actionlastig wird. Man muss ächzen, krächzen und stöhnen. Das war eine ganz andere Herausforderung, weil man natürlich noch einmal ganz anders mit seiner Stimme arbeitet. Das war ganz anders, als in den letzten Filmen, bei denen ich synchronisiert habe. Das war sehr spannend. So satz- und sprechtextlos zu synchronisieren. Das Team hat sich gar nicht gesehen. Früher war es so, dass man gemeinsam im Aufnahmestudio gestanden und eingesprochen hat. Mittlerweile ist es so, dass jeder alleine da ist und jeder alleine seinen Part aufnimmt. Dadurch habe ich die anderen Sprecherinnen und Sprecher gar nicht kennenlernen dürfen.

Sie sprechen in ROT Helen, eine der Tanten von Mei Lee, der Hauptfigur. Wie würden Sie Helen in Ihren eigenen Worten beschreiben?

Collien Ulmen-Fernandes: Bei Helen habe ich tatsächlich erstmal nur negative Assoziationen, sie ist nervig und übergriffig. Aber genau das macht es ja aus. Die Tür geht auf und dieser Verwandtschaftshaufen kommt rein. Alle sind extrem übergriffig. Alle sagen Mei Lee, was sie zu tun und zu lassen hat und sind im Prinzip so eine Art Verwandtschaftsglocke, aus der man ausbrechen muss. Es geht in ROT auch um diesen Ausbruch von Mei Lee. Sich zu lösen von einer überbeschützenden Mutter, einer absoluten Helikoptermutter. Die anderen Verwandten sind da nicht wesentlich besser. Es ist ja manchmal auch ganz schön, wenn man nicht die lieben und netten Figuren spricht, sondern eben gerade auch Figuren, bei denen man denkt: „Oh mein Gott!“


© 2021 Disney/Pixar

ROT ist voller bemerkenswerter Charaktere und erzählt eine lustige und wunderschöne Geschichte. Es ist eine zu Herzen gehende Coming-of-Age-Story für Jung und Alt. Was hat Ihnen besonders an ROT gefallen?

Collien Ulmen-Fernandes: Erst einmal der Humor. Ich finde, dass ROT einen ganz eigenen Humor hat. Ich musste mehrfach laut lachen, als ich den Film im Kino gesehen habe und war da ein wenig erschrocken von meinem eigenen Lachen, weil ich ja ganz alleine im Kino saß. Es gibt aber auch die gesamte emotionale Komponente. Es gibt diese Message. Das ist es, was so schön ist an diesem Film, dass man einfach dieses bunte Gesamtpaket aus humorvoll und lustig, aber auch diese nachdenklichen Töne hat.

ROT zeichnet sich aus durch sehr starke weibliche Charaktere. Welche gesellschaftliche Botschaft hat dieser Animationsfilm im Hinblick auf das Thema Selbstermächtigung von Mädchen und Frauen?

Collien Ulmen-Fernandes: Was ich im Hinblick auf Geschlechterklischees spannend finde, ist die Tatsache, dass Mei Lee jemand ist, die sehr laut und forsch ist. Das ist etwas, was Mädchen häufig abtrainiert wird. Mädchen haben dem Klischee nach lieblich und süß und bloß nicht zu vorlaut zu sein. Und Mei Lee ist so ja nun sicher nicht. Das ist genau das coole, dass sie auch schräg ist. Ich wünsche mir generell im Fernsehen viel mehr Mädchen und Frauen, die auch einfach mal so ein wenig schräg sind. Mei Lee ist sehr schräg. Sie wird wütend. Wut und Weiblichkeit bringt man traditionell auch nicht unbedingt zusammen. Das sie dann irgendwann lernt, ihre Macken zu akzeptieren und sagt: „Ich bin halt laut und ich werde wütend.“ Das finde ich cool, weil das eben Attribute sind, die Mädchen und Frauen tendenziell abtrainiert werden.

Eine Boyband spielt eine wichtige Rolle in ROT. Gab es in Ihrem Leben auch eine Boyband, die eine wichtige Rolle spielte?

Collien Ulmen-Fernandes: Im weitetesten Sinne. Das allererste Konzert, auf das ich gegangen bin, mit 14 Jahren, war ein Konzert von DIE ÄRZTE. Im Prinzip waren DIE ÄRZTE damals meine Boyband.

Was ist Ihr Lieblingsfilm von Disney/Pixar?

Collien Ulmen-Fernandes: Mein Lieblingsfilm von Disney ist ganz klar „ARIELLE DIE MEERJUNGFRAU“.

Vielen Dank für das sehr interessante und spannende Interview.
Ich wünsche Ihnen für Ihre Zukunft alles Gute!

ROT

Start: 11.03.22: Disney+ | FSK 6
R: Domee Shi | Animationsfilm
USA 2022 | Disney/Pixar


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