FILME
| 14.10.2020
Laura
Winterling
Die Raumfahrtexpertin im Interview
Anlässlich
des Kinostarts von ASTRONAUT am 15. Oktober 2020, dem packenden und
spannenden Debütfilm von Regisseurin und Drehbuchautorin Shelagh
McLeod, konnten wir ein interessantes Interview mit der Weltraumexpertin
Laura Winterling in Köln führen.
von
Richard-Heinrich Tarenz & Eve Pohl
©
WILD Magazin
Sehr
geehrte Frau Winterling, wir befinden uns hier an Ihrer alten Wirkungsstätte
im Europäischen Astronautenzentrum (EAC) der Europäische Weltraumorganisation
(ESA) in Köln. Wie ist es für Sie heute wieder hier zu sein?
Laura
Winterling: Super. Ich habe eine Herzheimat, das ist Franken,
aber Köln ist meine absolute Wahlheimat. Ich bin seit dreizehn
Jahren hier. Ich bin ein bisschen Corona-Asylkind, wie viele andere
musste ich im Frühjahr kurz mal in die Heimat auswandern, aber
ich halte die Fahnen hoch. Köln, das wird schon wieder und dann
komme ich auch wieder zurück. Toll ist es, wieder hier zu sein.
Jedes Mal. Jetzt sind wir am Wochenende da. Ich genieße es,
wenn ich hier allein bin. Wenn ich zum Beispiel abends die Lichter
ausmachen darf oder wie heute früh, wenn ich die erste bin, die
reinkommt. Das Geräusch der Glastür am Eingang zum Foyer,
das ist für mich wie Heim kommen. Ich bin EAC (Europäisches
Astronautenzentrum) - Kind, das war meine erste Arbeit und ich bin
das geblieben, auch wenn ich jetzt selbstständig bin. Hier sind
meine Wurzeln.
Sie
waren Astronautentrainerin am Europäischen Astronautenzentrum.
Das ist ein sehr besonderer und einzigartiger Beruf. Wie wird man
eigentlich Astronautentrainerin?
Laura
Winterling: Völlig abgefahren. Man wird das eigentlich
wie andere Dinge im Leben, indem man eine Bewerbung abgibt. Und das
habe ich auch getan, ich habe eine Bewerbung in meinem Leben geschrieben
und die war tatsächlich hier an die ESA (European Space Agency).
Wie es dazu gekommen ist, bis zu dem Moment, bis ich tatsächlich
auf dieses Knöpfchen gedrückt habe, um die Bewerbung wirklich
abzugeben, da ist viel Zeit vergangen und es sind viele Dinge passiert.
Hauptsächlich diese Dinge, die mit Glück zu tun haben. Wie
wird man etwas im Leben? Mit einem starken Willen und Glück,
die richtige Zeit und der richtige Ort tatsächlich. Ich habe
mich Zeit meines Lebens, auch als ich studiert habe, dafür gerügt:
„Oh, du bist nach dem Abi nicht direkt ins Studium gegangen,
du bist über ein Jahr älter, beziehungsweise genauso alt
wie die Jungs damals, die ja noch beim Bund waren.“ Und das
war immer so, dass ich mich immer ein Jahr zu alt gefühlt habe.
So ein Quatsch eigentlich, denn ich war eben ein Jahr im Ausland.
Hätte ich dieses Auslandsjahr nicht gemacht, dann wäre ich
ein Jahr früher fertig gewesen an der Uni und meine Stelle hier
hätte es gar nicht gegeben.
Ich konnte mich also nur auf die Stelle bewerben,
weil ich genau dieses Jahr hatte. Es braucht diese einzelnen Dominosteine,
die sich irgendwann mal hinstellen und umfallen im richtigen Moment.
Also wenn ich es runterbreche, ist es ein starker Wille und Glück
haben. Und ein bisschen Urvertrauen, aber gut. Und dann gibt es die
harten Faktoren: Es hat schon geholfen, dass ich Physikerin bin, es
hat auch geholfen, dass ich nicht auf den Mund gefallen bin und dass
ich Englisch spreche, wie ich Deutsch spreche und dass ich echt für
Raumfahrt brenne und einfach gesagt habe: „Ich sitze hier oben
im Interview, ihr kriegt mich nicht mehr hier raus.“ So ging
das zehn Jahr lang. Aber dann kam das mit der Selbstständigkeit,
da habe ich dann so gedacht: Na okay, die Karotte ist größer.
Das
war dann mit Sicherheit ein großer Schritt voller Herausforderungen.
Laura
Winterling: Schwierig ist kein Wort dafür, sondern den
Moment erlebe ich auch immer noch sehr stark. Da hinten ist ja unser
Bürogebäude, ich sitze in meinem Büro und ich weiß
um die Tatsache, ich habe meine Kündigung geschrieben, ich habe
einen Austrittstag und ich weiß, an dem Tag beginnt irgendwas
Neues. Ich habe eine Firma, aber es interessiert mich gerade gar nicht,
ich bin tiefst erschüttert und sitze weinend in dem Büro
und weiß: Morgen nenne ich mich nicht mehr Astronautentrainerin
und das darf ich dann auch nicht mehr. Das hat echt weh getan, denn
es war absolut der Hammer. Es ist nicht schwierig. Wir hatten 2017
doch das Wort „disruptive“ als das Wort des Jahres, wenn
ich mich recht erinnere. Und das war disruptive, das ist wie ins kalte
Wasser springen. Ich war in der Schule, ich habe studiert und Abi
gemacht und trotzdem nie gelernt eine ordentliche Rechnung zu schreiben,
das musste ich mir dann mal eben beibringen. Ich habe dann meine Steuerberaterin
gefragt: Oh du, was muss denn auf meine Rechnung drauf? Ich habe also
keine Ahnung gehabt und dann bin ich eben ein Mensch, ich habe Herz
für Dinge. Mir wurde die Chance gegeben, dass ich das machen
darf. Man hat mir hier im Haus auch die Chance gegeben. „Oh
du warst so nörgelig die zehn Jahr, immer willst du Leute dabeihaben
und denen immer erzählen, wie toll das ist. Du bist Trainerin,
konzentriere dich darauf, das musst du nicht auch noch links und rechts
machen.“ Immer stand ich beim Chef, hab an die Tür geklopft
und gefragt: „Kann ich nicht noch?“. Und bloß, weil
ich das gemacht hab, hat mir zehn Jahr später mal jemand gesagt:
„Ach so jetzt hätten wir so ein Out-Reach-Programm, irgendjemand
der nach vorne tritt.“ Wir müssen ja schließlich
auch bei der ESA Öffentlichkeitsarbeit machen. Und da war doch
immer eine, die zusätzlich zum Trainingsjob noch bei Führungen
Leute bespaßen wollte. Wir fragen die mal. So sitze ich jetzt
hier und bin seit vier Jahren Unternehmerin mit meinem Business und
komme zurück in die alte Heimat, immer noch mit derselben Melancholie.
Es ist Melancholie, auch heute früh, ich bin hier hergefahren
mit meinem Wohnmobil und geh hier rein und werde überschüttet
mit Bildern, wie es war hier im Training zu sein. Ich habe eigentlich
diese ganzen guten Schwingungen, die kommen dann wieder. Auch wenn
es Arbeit war.
Was
beinhaltet die Arbeit einer Astronautentrainerin? Wie sieht der Berufsalltag
aus?
Laura
Winterling: Wir sind Lehrer für große Kinder mit
großen Träumen, tatsächlich. Wir sind Lehrer, das
ist schonmal das erste, ganz klassisch, wir unterrichten etwas. Mit
der speziellen Eigenschaft, dass wir weltweit vermutlich die einzigen
Lehrer sind, die etwas unterrichten, was sie nie getan haben und nie
tun werden, vielleicht. In Klammern: Noch nicht getan haben. Was den
Lehrerberuf erstmal völlig in Frage stellt. „Abgesehen
davon, dass ihr was macht, was ihr noch nicht getan habt, aber jetzt
macht ihr ja die abgefahrensten Dinge auf der Welt: Raumfahrt.“
Offensichtlich kann man das werden, ich war sechsundzwanzig und man
hat mich auf eine Crew von Kosmonauten losgelassen oben und ich musste
denen - die waren beide schon geflogen – das russische Dockingsystem
erklären. Wie macht man das, wenn man eigentlich Küken ist
und nichts kann außer sich gut zu verkaufen? Man setzt sich
vorher hin und lernt das alles. Astronautentrainer haben sich Monate,
manchmal Jahre vorbereitet, indem sie einfach Prozeduren lesen, diese
Raumstation verstehen wollen, sich also mit einem Thema auseinandersetzen.
Andere Lehrer machen andere Dinge, ich hatte halt ein Buch mit dem
Titel „How to ISS“ und da musste ich mir also mein Versorgungsraumschiff
erklären und mein Weltraum-Forschungslabor. Dann hilft es natürlich
schon so seine Physik-Schiene zu haben. Nicht weil ich noch so viel
von Elektrodynamik noch weiß oder das alles noch rechnen kann.
Sondern ich habe so wie andere Physiker das bestimmt bestätigen
können eine bestimmte Portion, beziehungsweise eine hohe Schmerzgrenze
mitbekommen und das Vertrauen, keine Ahnung wie es funktioniert, wird
schon werden. Hat früher auch funktioniert, hatte keine Ahnung
davon, ging dann schon irgendwie.
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JETS Filmverleih & Vertrieb
Keine
Angst zu haben von dem „Das hat mit Kabeln zu tun und da sind
Computer dran, da muss man programmieren und das ist ein System oder
so was, oder da muss ich einen Wasserkreislauf aufschrauben, sondern:
Ja, hast einen Schraubenzieher, ist ein Wasserkreislauf, ist eine
Schraube dran, funktioniert. Probiere es einfach.“ Die Scheu
zu verlieren, vor so Dingen, die technisch sind, das ist wichtig.
Was machen Astronautentrainer noch? Wir unterrichten Raumfahrtsysteme.
Ich werde oft gefragt: „Ah Training, in welcher Sportart denn?“
Dann sag ich: „Nee, Sport mache ich nur als Hobby.“ Wir
unterrichten Raumfahrtsysteme, ganz klassisch. Wo geht das Licht an?
Welchen Computer benutze ich? Was mach ich, wenn die Klimaanlage nicht
geht? Sowas. Was mache ich im Notfall? Und hier in dieser Halle, in
der wir sitzen, das ist das Herz und Hirn für Europäische
bemannte Raumfahrt. Die meisten kennen NASA und Houston und das ist
so ein großes Gefühl, ein ehrwürdiges Gefühl,
da sind Astronauten und Raketen und dann denken die Deutschen immer
so: Das ist bestimmt kompliziert, das ist groß, das ist wichtig
und da kommt man dann nicht rein, sowieso nur die ganz wichtigen Menschen
und solche Dinge. Und dann sag ich immer: „Ja und dann gibt’s
hier diese Halle in Köln Porz.“ Und die Halle ist ja nicht
riesig, wie man sieht. Und jetzt stehen hier ein paar Mockups rum,
ich find die super - eins zu eins in der Größe nachempfunden,
was da oben rumschwebt von der ESA. Aber trotzdem bleibt es eine Halle.
Hier ist ein Kran drin, diese Dinge wurden von Menschen gebaut, sie
werden immer weiterentwickelt, gerade im Moment liegt überall
was rum. Da steht ein gelber Eimer in der einen Ecke und da tropfts
auch mal vom Dach in der anderen Ecke, es ist eben so normal. Und
mit dem Normalen schicken wir Menschen ins All.
Es
wäre eine spannende und positive Entwicklung, wenn Raumfahrt
im Allgemeinen und bemannte Raumfahrt im Speziellen eine ganz normale
und alltägliche Angelegenheit wäre.
Laura
Winterling: Wir sind auf dem besten Weg. Elon Musk „The
Crazy One“ macht es möglich. Auf ihn sollte man öfters
mal hören. Alles geht, nichts muss. Gerade 2020 beginnt die Ära
der kommerziellen Raumfahrt. Irgendwer hat auf die Uhr getickt und
jetzt schlägt das Herz und es ist nicht mehr so elitär.
Wie
war es für Sie als Frau am Europäischen Astronautenzentrum
als Astronautentrainerin zu arbeiten? Dieses Arbeitsumfeld wirkt für
Außenstehende als von Männern geprägte Umgebung.
Laura
Winterling: Ich bin mit Jungs aufgewachsen und bin damit
ganz gut klargekommen. Das war auch im Physik-Studium so und hier
im Europäischen Astronautenzentrum so. Hier gibt es mittlerweile
einen fast gleichen Anteil von Männern und Frauen. Als ich vor
dreizehn Jahren angefangen habe, waren halt einfach viele Männer
da, aber es gab auch Frauen. Es gab eine ganze Weile, da war ich die
einzige deutsche Frau als Astronautentrainerin in meinem Team. Das
war so. Es war schon nett, das schreibe ich mir auch aufs Revers drauf,
wenn man was Einzigartiges sein kann, ist doch auch mal schön.
Ich halte jetzt aber die Flagge schon hoch, dass ich sage, es gibt
schon einen Grund, warum das so ist. Frauen trauen sich oft nicht.
Danke Mama und Papa für die Sturheit, ich durfte mich trauen.
Es liegt nicht dran, dass uns die Chance nicht gegeben wird, das muss
man schon selbst tun.
Aktuell
wird über die erste deutsche Astronautin diskutiert. Es gibt
eine vielversprechende private Initiative, um 2021 den Flug der ersten
deutschen Astronautin zur ISS zu realisieren.
Laura
Winterling: Das stimmt. Ich habe eventuell heute schon mal
erwähnt, dass ich es super fände, wenn die erste deutsche
Astronautin lange dunkle Haare hätte. (lacht)
Kam
denn irgendwann mal der Wunsch aus selber Astronautin zu werden?
Laura
Winterling: Nein!
Wirklich
nicht?
Laura
Winterling: Quatsch, jeden Tag. Wie wäre das denn? Ich
erzähle ein ganzes Jahrzehnt jedem einzelnen, der hier rein läuft:
Pass mal auf, das tolle Ding da, da kann man das machen und jenes
machen und dann kannst du rausschauen, bist ein halbes Jahr da, total
toll und dann sagt der: Super, herzlichen Dank, tschüss ich geh
dann mal. Ich kann das Baby ja auch auswendig. Ich habe dieses Projekt
ja gelebt, ganz nah. Aber mit dieser Art von Dienstleistung, wenn
man diesen Job nimmt, weiß man: Man ist Lehrer und steht auf
der einen Seite vom Tisch und wir machen die Jungs und Mädels
fit, die wir dann zusammen alle da hochheben. Ein Teil von uns schwebt
immer mit. Aber ganz klar, ich würde schon mal gerne gucken,
ob das alles so stimmt, was ich immer erzähle.
Vielleicht
gibt es ja auch andere Möglichkeiten, Stichwort: Weltraum-Tourismus.
Laura
Winterling: Das stimmt, aber da kommt jetzt eine persönliche
Sache rein. Klar wäre es super, man könnte sich jetzt Flugtickets
für wenig Geld kaufen, auf dem Smartphone einfach bestellen.
Was machst du nächste Woche? - Ach, ich flieg mal schnell in
die Umlaufbahn. - Alles klar! Dann sehen wir uns halt in zwei Wochen.
Wäre schon cool, würde ich dann auch machen. Aber wenn ich
es mir aussuchen kann, ich möchte ja nicht Astronaut sein und
nur im All rumschweben und ein Bild machen für Instagram in dieser
Umgebung, sondern ich möchte halt den Beruf machen. Mich reizt
natürlich das Arbeiten und das ist mehr. Ich würde gerne
einen Beitrag leisten. Ich wollte gerne hier mitmachen um nah dran
zu sein. Und ich würde da ganz oben gerne mitmachen wollen. Nicht
nur weil ich den Anzug cool finde und rausschauen will. Sondern ich
möchte andere Menschen damit beflügeln können. Ein
Botschafter sein können, das was unsere Astronauten ja auch alle
sind.
Wenn
es nach Elon Musk geht, werden ja auf den Mars bald viele qualifizierte
und abenteuerlustige Menschen gesucht. Was zeichnet eine gute Astronautin,
einen guten Astronauten aus?
Laura
Winterling: Ich beantworte die Frage mal rückwärts.
Was haben denn alle Astronauten gemeinsam? Sie haben tatsächlich
drei Dinge gemeinsam, die man so sehen kann. Sie sind ganz soziale
Wesen, sie können gut für sich alleine, können aber
auch in großen Gruppen sein, sind da einfach ausgeglichen. Sie
mögen das auch gerne, vor allem den Austausch. Als zweites sind
sie unheimlich verlässlich. Ein Ja ist ein Ja und ein „Ich
mach das“, ist ein „Ich mach das“. Was es sehr schön
macht, mit ihnen zu arbeiten. Es gibt eine Struktur und man kann sich
tatsächlich darauf verlassen. Und als drittes soll man sehr neugierig
sein. Man sollte was mitbringen, was einen immer voran treibt um einen
auch durch so Phasen durchzubringen, die sehr viele Monate und manchmal
auch Jahre dauern können. Wo man auch auf etwas warten muss.
Unsere Astronauten werden ausgebildet und haben nicht gleich einen
Flug zum Beispiel. Sie müssen so viel Selbstmotivation mitbringen.
Einer von unseren Astronauten – ist schon ein paar Jahre her
– musste zwölf Jahre warten, bis er überhaupt Fliegen
durfte.
Wann
wurden wir schon mal für einen Job ausgesucht und mussten zwölf
Jahre warten und uns motivieren, bis wir ihn machen durften? Wahrscheinlich
noch nie. Also Neugierde sollte man schon mitbringen. Manchmal vielleicht
auch ein bisschen den Schalk im Nacken und die rosa Brille würde
ich persönlich gerne einpacken. Denn es ist ein harter Alltag,
der mit viel Arbeit verbunden ist, so wie hier auch. Wenn es ein Projekt
gibt, muss man eben arbeiten und kann wenig schlafen. Und dann gehen
auch mal Dinge schief und dann muss man diesen Zen-Moment auch mitnehmen
können. Also die kölsche Frohnatur, wenn man die dabei hätte
und dafür Platz hätte, dann würde ich die gerne einpacken
für mich, denn das hilft einem über die schwierige Momente
auch weg, egal was das ist. Wenn man mit einem Lächeln sagen
kann: War nicht mein Plan, finde ich jetzt echt uncool, machen wir
trotzdem weiter.
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Es
wäre schön, wenn Ihre Worte Jugendliche dazu inspirieren
ihre Träume zu leben und in den Weltraum zu fliegen. Raumfahrt
wird wieder populärer. Immer mehr Jugendliche beantworten die
Frage nach ihrem Berufswunsch mit der Antwort „Astronautin“
und „Astronaut“.
Laura
Winterling: Nicht
nur das, es wird auch greifbarer. Ich habe ein Patenkind, das ist
fünf. Und wenn sie später zu mir sagen würde: „Ich
will später auch auf den Mars fliegen!“ Ich habe sie mal
gefragt, ob sie mit mir in der Rakete fliegen würde. Das wollte
sie nicht, wenn Mama nicht dabei ist, okay. Und dann kam sie von alleine
und meinte: „Ich habe mir das jetzt überlegt, sie würde
dann schon alleine auf die Raumstation gehen. Ja weil das mit dem
Schweben das will ich mal ausprobieren Dann kann ich das selber machen.“
Das ist doch schön! Als wir klein waren und man wollte Astronaut
werden, haben alle anderen nur die Augen verdreht und das nicht ernst
genommen. Und jetzt ist das plausibel, die Kleene kann sich einfach
bewerben und auf eine der Missionen, die zum Mars gehen, einfach mitkommen.
Oder auf den Mond, oder was auch sonst. Oder sie kauft sich doch nur
ein Ticket für das Erdumlaufbahn-Casino. Wir lachen immer noch
darüber, aber das wird es bald geben...
Was
macht für Sie persönlich die Faszination Raumfahrt aus?
Laura
Winterling: Wie lange haben wir Zeit? (lacht) Also der erste
Gedanke ist immer, ich weiß gar nicht was ich darauf antworten
soll. Weil, für mich ist Raumfahrt ein Gefühl. Dann denke
ich immer: Laura überleg' dir schnell eine kluge Antwort, das
wird gedruckt, aber ich fühle das einfach, es ist einfach mitten
im Herz. Es ist warm und es ist ganz groß und es ist zusammen.
Ich feiere ja Menschen immer, vor allem Menschen, ein Beispiel:
Wir
fahren alle auf der Autobahn und alle halten Abstand für den
Rettungswagen. Da fühl ich mich immer meinen Mitmenschen sehr
verbunden und fahr dann so in meinem Auto und denk mir, man, wir Menschen
sind schon gut. Innen drin ist gut. Und Raumfahrt ist so ähnlich
wie die Rettungsgasse, ich feiere die Menschen, denn im Grunde sind
wir gut, wir sind neugierig und wir sind nette Wesen, die doch immer
ein Stückchen weiterwollen. Da habe ich dann wieder die rosa
Brille auf. Wenn wir uns zusammenreißen würden, könnten
solche großen Dinge machen und noch viel mehr erleben. Ich spreche
jetzt als Raumfahrtbegeisterte. Wenn jetzt jemand Tiefseetaucher wäre,
der jetzt mit dem kleinen U-Boot im Marianengraben fährt, der
würde auch von unendlichen Weiten schwärmen. Der würde
dann genauso reden, nur dann käme eben Meer vor. Das ist auch
eine Grenze der Menschheit. Ich rede jetzt eben über die andere.
Raumfahrt ist ein Gefühl, das nehme ich mir mit heute.
Anlass
für unser Gespräch im Europäischen Astronautenzentrum
in Köln ist der anstehende Kinostart des Spielfilms „Astronaut“
von Regisseurin Shelagh McLeod am 15. Oktober 2020. In „Astronaut“
träumt der einsame Witwer Angus, gespielt von Richard Dreyfuss
schon sein ganzes Leben davon, eine Reise ins All zu unternehmen.
Als der erfolgreiche Geschäftsmann Marcus Brown ein Gewinnspiel
veranstaltet und einen Platz auf dem ersten kommerziellen Weltraumflug
verlost, will Angus teilnehmen. Das Problem: Das Alterslimit liegt
bei 65 und der über 70 Jahre alte, gesundheitlich auch schon
angeschlagene Angus darf eigentlich nicht mitmachen. Also lügt
er über sein Alter und schafft es sogar unter die finalen Kandidaten…
Wie
realistisch ist für Sie das Szenario des Films?
Laura
Winterling: Sehr. Astronaut reiht sich in eine Riege von
Filmen aus den letzten Jahren ein, wo Science-Fiction zu Science Reality
wird. Science-Fiction früher war Space Odyssee, diese Musik und
dann schweben sie da so rum. Oder Interstellar war auch noch ein bisschen
an der Biege zu „das ist weit weg, es gibt krasse Raumfahrtsysteme
und irgendwie geht’s dann doch um Sachen, die zukünftig
passieren“. Und jetzt sind so Filme gedreht worden – „Gravity“
war da der Anfang – in denen Science-Fiction anders angepackt
wird. Ein Film, wo das ATV Versorgungsraumschiff der ESA, das an die
Internationale Raumstation (ISS) angekoppelt ist, an die zwei Sekunden
drin war, bevor es explodiert ist. Aber es war da und Sandra Bullock
in ihrer vollsten Hot-Pants-Schönheit schwebt also in die Sojus-Rakete,
die sehr gut nachempfunden ist mit dem roten und dem grünen Buch,
was es immer noch gibt. Millionen Menschen schauen sich den Film an
über Science-Fiction, was im Übrigen gerade über unseren
Köpfen schwebt. Hier waren alle begeistert und ich auch. Dann
kamen solche Filme auf. Der „Marsianer“ ist noch so ein
Beispiel. Das wird schneller Realität, als man sich denken würde.
Da arbeiten schon sehr viele Menschen dran, dass das gar nicht mehr
so weit weg ist. Mondfahrt war noch ein Thema, wir hatten ja Mondjahr.
Und jetzt kommt so ein Film, 2020 haben wir schon besprochen, die
kommerzielle Raumfahrt wird kommen. Es ist also eine Firma [im Film],
die ein Auswahlverfahren macht, da kann man ein Ticket gewinnen, sie
nehmen jemanden mit. Elon Musk wird nicht lange warten. Was hat er
gemacht? Er hat mal rumgefragt, wer geht denn mit zum Mond? Jetzt
wird da Yusaku Maezawa, ein japanischer Unternehmer, Kunstsammler
und Milliardär mitfliegen. Und was macht der? Sucht 'ne Frau,
die mit ihm mitkommt. Er hat ein Auswahlverfahren gemacht: Es gibt
da ein Ticket, wer möchte mit? Es ist also höchst aktuell,
würde ich sagen.
Wir
hat Ihnen „Astronaut“ ganz persönlich gefallen?
Laura
Winterling: Gut! Er ist mir sehr nahe, ich habe während
des Schauens eigentlich erst gemerkt, wie gut ich dafür ausgewählt
wurde, um den Film zu promoten. Weil der Film verzwickterweise Dinge
darstellt, die in meinem Leben auch stattfinden. Ich würde da
in dieser Lotterie auch mitmachen, ich würde auch auf diesen
Button drücken wollen, ist ja klar. Angus im Film, hatte sich
als er jung war wohl als Astronaut beworben, das stellt man ja fest.
Er ist sowieso Weltraum-affin, er wollte das immer machen, hat aber
irgendwann auch akzeptiert, dass die Gelegenheit wohl verstrichen
ist und dann arbeitet er eben etwas anderes. Das kann ich nachvollziehen,
an dem Punkt war ich auch schonmal. Und dann kommt die Chance, jeder
um ihn herum weiß, er ist eh das Space-Kind. Sein Enkel sagt
sogar zu ihm: Komm schon, mach das. Der Kleine ist der, der mitkriegt,
dass er so ein Faible dafür hat. So wie manche Menschen in meinem
Leben. Ich hatte zwanzigjähriges Abi-Treffen und dann sagten
sie zu mir: „Das war uns immer klar, dass du das machen wirst.“
Das hätte ich nicht gedacht. Aber anscheinend fließt das
so aus einem raus. Angus drückt dann ja auch den Knopf, wohl
wissend, dass er eigentlich zu alt ist. Und ich hoffe jetzt sehr stark,
dass die ESA nächstes Jahr wieder einen Knopf online stellt,
wobei ich vermute, dass ich zu alt sein könnte. Und was wird
Laura tun? Natürlich auf den Knopf drücken. Ich habe dasselbe
Problem, da kann ich mich sehr mit identifizieren. Was dann so kommt,
das verraten wir natürlich nicht. Da müssen wir uns in einem
Jahr nochmal unterhalten.
„Astronaut“
ist ein sehr bewegender Film, der zu Herzen geht.
Laura
Winterling: Oh Gott ja. Ich habe dem Film zugestimmt. Ich
wurde gefragt, ob ich mir das vorstellen könnte für diesen
Film ein Gesicht zu werden. Ich hatte eine Dame am Telefon, da habe
ich ihr eine halbe Stunde einfach nur zugehört. Da war so viel
Herz und so viel Emotionalität, mit der sie von diesem Film berichtet
hat, ich hatte ihn nicht gesehen und werde ihn jetzt auch lange nicht
sehen, aber ich wollte dabei sein. Nur wegen der Art, wie mir über
den Film erzählt wurde. Genau wie sie mir davon erzählt
hat, so ist der Film auch, Emotion. Ja, es ist ein Weltall-Film, jaja
Prägung bezüglich Raumfahrt könnte man sagen. Aber
nein, was einen packt - da sollte man Taschentücher mitnehmen
– ist eher das Gefühl von: Scheiße, ich habe es verpasst.
Ich weiß wo es war in meinem Leben. Ich weiß den Moment
noch, im Alltag verschwindet der immer mal, denn ich habe das Kind,
den Hund und meine Arbeit und der Traum von früher, das war halt
mal. Plötzlich steht man alleine im Bad und die Dusche läuft
schon, man wollte rein und man schaut in den Spiegel und da ist nur
noch ein Gedanke: Du hast es versaut. Warum hast du's nicht gemacht?
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Warum
hast du nicht ja gesagt? Warum hast du nicht jenes gemacht? Was auch
immer es dann für jeden ist. Oder auch einen Schritt gegangen
zu sein und man konnte ihn nicht. Das Leben ist vielleicht abgebogen
Diesen Moment haben wir alle. Das Gefühl bringt der Film zurück.
Man weint nicht, weil man mit Angus mitweint, sondern man geht raus
und muss sich an die eigene Nase fassen. Fuck it's you, it's not the
others. Es ist einfach so klar. Aber man kann auch sagen: Okay, es
stimmt, bin ja tatsächlich ich, also all odds to the side, ich
mache das jetzt einfach. Es ist mir jetzt egal. Dafür bin ich
auch Verfechterin! Ich musste sehr oft, dadurch dass es Männerdomänen
sind, meine Bedenken über Bord werfen und es einfach machen.
War mir egal, dass alle gesagt haben, Physik sei schwer, bei der ESA
genommen zu werden sowieso, alles ist immer schwer. Die Definition
von schwer habe ich noch nie gehört.Und was so witzig ist: Er
macht es ja auch ganz alleine. Das ist dieser Badezimmer-Spiegel-Moment,
just me. Und das kenne ich.
Man
sollte im Leben niemals seine Träume aufgeben.
Laura
Winterling: Ja, einer soll auf jeden Fall immer bleiben,
damit man weiter machen kann. Das fand ich so faszinierend, obwohl
ich erst im Nachhinein draufgekommen bin. Dieser Film, der ist relativ
schnelllebig. Man wird auch schnell durch die Handlung getragen, viele
Dinge passieren. Wenn ich es Revue passieren lasse, wurde mir klar:
Ach na klar, es geht um Träume, diesen Moment, dass man den nicht
verpasst und auch Melancholie die man spürt. Man hatte mal eine
Chance, aber es ging nicht, irgendwas was passiert ist. Das ist ein
Plot. Aber währenddessen läuft noch eine andere Geschichte,
er spielt ja im Endeffekt eine ganz große Rolle für die
Raumfahrt im Film. Eine Rolle, die er gar nicht einnehmen möchte.
Er will eigentlich nur fliegen, das wollte er früher schon und
probiert es einfach mal. Dann hat er es zumindest probiert. Er will
gar nichts anderes. Aber der Grund, wofür er in der Handlung
gebraucht wird, der Sinn seines Lebens ist ein anderer. Das verraten
wir an dieser Stelle natürlich nicht. Aber er ist eine Leitfigur
für etwas ganz Großes! Wir haben also Träume und Vorstellungen,
wo wir diesen Knopf drücken sollten, nicht damit wir das werden,
was wir vermeintlich dadurch werden wollen, sondern das Leben schickt
uns auf die Reise, denn wir spielen entlang des Weges noch eine Rolle
für etwas, was wir noch gar nicht wissen. Das ist so der Plot
der untendrunter läuft. Ganz ganz leise. Das fand ich so spannend.
Ich bewerbe mich nächstes Jahr auch, ich meine das ernst, ich
möchte da hoch und ich möchte gerne hunderttausende Menschen
motivieren ihren Weg zu gehen und ihre Talente zu finden. Und vielleicht
drücke ich auf den Knopf und dann sagt man nein, Obwohl ich weiß,
nächstes Jahr werden wir eine deutsche Frau auswählen und
dann stehe vielleicht nicht ich, sondern jemand anderes da. Dann jubele
und weine ich gleichzeitig. Aber dann hat das Leben was anderes
Wir
hat Ihnen „Astronaut“ ganz persönlich gefallen?
Laura
Winterling: Gut! Er ist mir sehr nahe, ich habe während
des Schauens eigentlich erst gemerkt, wie gut ich dafür ausgewählt
wurde, um den Film zu promoten. Weil der Film verzwickterweise Dinge
darstellt, die in meinem Leben auch stattfinden. Ich würde da
in dieser Lotterie auch mitmachen, ich würde auch auf diesen
Button drücken wollen, ist ja klar. Angus im Film, hatte sich
als er jung war wohl als Astronaut beworben, das stellt man ja fest.
Er ist sowieso Weltraum-affin, er wollte das immer machen, hat aber
irgendwann auch akzeptiert, dass die Gelegenheit wohl verstrichen
ist und dann arbeitet er eben etwas anderes. Das kann ich nachvollziehen,
an dem Punkt war ich auch schonmal. Und dann kommt die Chance, jeder
um ihn herum weiß, er ist eh das Space-Kind. Sein Enkel sagt
sogar zu ihm: Komm schon, mach das. Der Kleine ist der, der mitkriegt,
dass er so ein Faible dafür hat. So wie manche Menschen in meinem
Leben. Ich hatte zwanzigjähriges Abi-Treffen und dann sagten
sie zu mir: „Das war uns immer klar, dass du das machen wirst.“
Das hätte ich nicht gedacht. Aber anscheinend fließt das
so aus einem raus. Angus drückt dann ja auch den Knopf, wohl
wissend, dass er eigentlich zu alt ist. Und ich hoffe jetzt sehr stark,
dass die ESA nächstes Jahr wieder einen Knopf online stellt,
wobei ich vermute, dass ich zu alt sein könnte. Und was wird
Laura tun? Natürlich auf den Knopf drücken. Ich habe dasselbe
Problem, da kann ich mich sehr mit identifizieren. Was dann so kommt,
das verraten wir natürlich nicht. Da müssen wir uns in einem
Jahr nochmal unterhalten.
„Astronaut“
ist ein sehr bewegender Film, der zu Herzen geht.
Laura
Winterling: Oh Gott ja. Ich habe dem Film zugestimmt. Ich
wurde gefragt, ob ich mir das vorstellen könnte für diesen
Film ein Gesicht zu werden. Ich hatte eine Dame am Telefon, da habe
ich ihr eine halbe Stunde einfach nur zugehört. Da war so viel
Herz und so viel Emotionalität, mit der sie von diesem Film berichtet
hat, ich hatte ihn nicht gesehen und werde ihn jetzt auch lange nicht
sehen, aber ich wollte dabei sein. Nur wegen der Art, wie mir über
den Film erzählt wurde. Genau wie sie mir davon erzählt
hat, so ist der Film auch, Emotion. Ja, es ist ein Weltall-Film, jaja
Prägung bezüglich Raumfahrt könnte man sagen. Aber
nein, was einen packt - da sollte man Taschentücher mitnehmen
– ist eher das Gefühl von: Scheiße, ich habe es verpasst.
Ich weiß wo es war in meinem Leben. Ich weiß den Moment
noch, im Alltag verschwindet der immer mal, denn ich habe das Kind,
den Hund und meine Arbeit und der Traum von früher, das war halt
mal. Plötzlich steht man alleine im Bad und die Dusche läuft
schon, man wollte rein und man schaut in den Spiegel und da ist nur
noch ein Gedanke: Du hast es versaut. Warum hast du's nicht gemacht?
Warum hast du nicht ja gesagt? Warum hast du nicht jenes gemacht?
Was auch immer es dann für jeden ist. Oder auch einen Schritt
gegangen zu sein und man konnte ihn nicht. Das Leben ist vielleicht
abgebogen Diesen Moment haben wir alle. Das Gefühl bringt der
Film zurück. Man weint nicht, weil man mit Angus mitweint, sondern
man geht raus und muss sich an die eigene Nase fassen. Fuck it's you,
it's not the others. Es ist einfach so klar. Aber man kann auch sagen:
Okay, es stimmt, bin ja tatsächlich ich, also all odds to the
side, ich mache das jetzt einfach. Es ist mir jetzt egal. Dafür
bin ich auch Verfechterin! Ich musste sehr oft, dadurch dass es Männerdomänen
sind, meine Bedenken über Bord werfen und es einfach machen.
War mir egal, dass alle gesagt haben, Physik sei schwer, bei der ESA
genommen zu werden sowieso, alles ist immer schwer. Die Definition
von schwer habe ich noch nie gehört.Und was so witzig ist: Er
macht es ja auch ganz alleine. Das ist dieser Badezimmer-Spiegel-Moment,
just me. Und das kenne ich.
Man
sollte im Leben niemals seine Träume aufgeben.
Laura
Winterling: Ja, einer soll auf jeden Fall immer bleiben,
damit man weiter machen kann. Das fand ich so faszinierend, obwohl
ich erst im Nachhinein draufgekommen bin. Dieser Film, der ist relativ
schnelllebig. Man wird auch schnell durch die Handlung getragen, viele
Dinge passieren. Wenn ich es Revue passieren lasse, wurde mir klar:
Ach na klar, es geht um Träume, diesen Moment, dass man den nicht
verpasst und auch Melancholie die man spürt. Man hatte mal eine
Chance, aber es ging nicht, irgendwas was passiert ist. Das ist ein
Plot. Aber währenddessen läuft noch eine andere Geschichte,
er spielt ja im Endeffekt eine ganz große Rolle für die
Raumfahrt im Film. Eine Rolle, die er gar nicht einnehmen möchte.
Er will eigentlich nur fliegen, das wollte er früher schon und
probiert es einfach mal. Dann hat er es zumindest probiert. Er will
gar nichts anderes. Aber der Grund, wofür er in der Handlung
gebraucht wird, der Sinn seines Lebens ist ein anderer. Das verraten
wir an dieser Stelle natürlich nicht. Aber er ist eine Leitfigur
für etwas ganz Großes! Wir haben also Träume und Vorstellungen,
wo wir diesen Knopf drücken sollten, nicht damit wir das werden,
was wir vermeintlich dadurch werden wollen, sondern das Leben schickt
uns auf die Reise, denn wir spielen entlang des Weges noch eine Rolle
für etwas, was wir noch gar nicht wissen. Das ist so der Plot
der untendrunter läuft. Ganz ganz leise. Das fand ich so spannend.
Ich bewerbe mich nächstes Jahr auch, ich meine das ernst, ich
möchte da hoch und ich möchte gerne hunderttausende Menschen
motivieren ihren Weg zu gehen und ihre Talente zu finden. Und vielleicht
drücke ich auf den Knopf und dann sagt man nein, Obwohl ich weiß,
nächstes Jahr werden wir eine deutsche Frau auswählen und
dann stehe vielleicht nicht ich, sondern jemand anderes da. Dann jubele
und weine ich gleichzeitig. Aber dann hat das Leben was anderes.
Ich
möchte noch einmal auf die bemannte Raumfahrt zurückkommen.
Eine bemannte Mission zum Mars rückt immer näher. Diese
Mission würde mehrere Jahre dauen. Welche Herausforderungen würden
auf die Besatzung zukommen, körperlich wie mental?
Laura
Winterling: Es ist auf jeden Fall eine Herausforderung. Das
werden die ersten Menschen sein, die die Erde aus dem Blickfeld verlieren.
Jeder von uns war schonmal lange im Urlaub oder hat so ein Auslandsjahr
gemacht oder so was. Dieses Gefühl von Heimweh, dafür muss
man erst mal ein Heim haben. Man kann nur heimkehren, wenn man geht,
aber es ist auch wichtig, dann heimzukehren. Manchmal wird mir die
Frage gestellt, ob ich auf einen Flug gehen würde, der nur ein
One-Way-Ticket hat. Das wäre nicht mein Ding, da soll jemand
anders mitgehen. Denn ich möchte gerne Heimkehren. Ich möchte
gerne vor Menschen sitzen und mal nichts sagen, ihnen nur den Ausdruck
mitbringen, wie unfassbar es ist, oder wie unbegreiflich. Das ist
unsere Aufgabe als Menschen, wenn wir Dinge erlebt haben, sie dann
auch nach Hause zu bringen und den Menschen, denen es nicht gestattet
war, die Erfahrungen im weitesten Sinne mitzubringen. Das machen unsere
Astronauten auch. Jetzt haben sie Social Media, da klappt es noch
besser. Wir wollen Menschen sehen, die Dinge tun, keine Roboter. Sie
können es alles viel besser und bestimmt auch billiger, aber
wir können uns nicht mit ihnen identifizieren. Das beste Beispiel,
wenn man Menschen fragt ob wir schonmal auf dem Mars waren. Die meisten
sagen dann nein. Aber so ist das nicht, wir sind dort schon seit Jahrzehnten,
in Form dieser kleinen süßen Dinger, die da rumfahren,
die Marsrover. Aber niemand identifiziert sich damit. Also sind wir
darauf ausgelegt [zum Mars zu fliegen], weil wir Neugierde haben.
War Kolumbus dafür ausgelegt mit dem was er hatte, einem Holzschiff
über alle Meere zu segeln? Wahrscheinlich nicht, das war auch
mehr Glück als Verstand damals. Aber er hat es trotzdem gemacht,
weil etwas in ihm dafür geschlagen hat, rauszufahren und etwas
zu entdecken. Unser Forschungslabor heißt deswegen auch „Kolumbus“.
Es ist immer eine Herausforderung, so wie es für ihn damals auch
war. Zitronen mitnehmen und ein Handtuch! Wer so bestimmte Bücher
kennt, der weiß, was man braucht, wenn man in die Galaxis reist,
ist ein Handtuch, also nicht vergessen. (lacht)
Es
gibt Überlegungen bei einer bemannten Marsmission verstärkt
auf Ehepaare zurückzugreifen. Könnte sich diese Konstellation
als Vorteil erweisen?
Laura
Winterling: Ich weiß nicht, ich bin nicht verheiratet,
ich kenne es nur von außen. Was gut wäre, ist ein gemischtes
Team, denn wir können alle voneinander lernen, das geht ohne
Frage. Konkurrenz belebt nicht nur das Geschäft, sondern auch
das Geschlecht.Das birgt viel Gutes und viel gute Energie, streiten
tun sich nicht nur Ehepaare, sondern auch andere Menschen. Es gibt
da schon Kniffe, wie man das schön regeln kann Das ist auch ein
bisschen meine Aufgabe, wenn ich auf der Bühne stehe und erzähle,
was wir von Astronauten lernen können. Sie leben da [auf der
ISS] mit fünf Nationen, alle kulturell total unterschiedlich,
monatelang eingesperrt, in Quarantäne und machen remote working
und schlagen sich trotzdem nicht die Köpfe dabei ein. Es funktioniert
also, die Frage ist wie. Das wird dann auch auf dem Mars funktionieren.
Welche
Bedeutung hat das Thema „Krisenmanagement“ bei der Ausbildung
von Astronautinnen und Astronauten?
Laura
Winterling: Das muss vorher angedacht werden, wenn man Menschen
und eben auch sehr unterschiedliche Menschen auf ein langes Projekt
schickt. Das gleiche haben auch diejenigen, die auf der Mission in
der Antarktis sind, um dort zu überwintern. Jetzt gerade geht
die Sonne wieder auf, sie jubeln alle, weil sie ihre fünf Monate
überstanden haben. Sie sind da auch, wie auf einer Raumstation
– da kann man nicht einfach ausgeflogen werden, nichts ist schlimmer
als Raumstation – auf engstem Raum. Deswegen ist wichtig, dass
die Vorbereitungsphase schon clever gestaltet ist. Dass Menschen Zeit
haben sich kennen zu lernen, auch ihre Macken, nicht gleich heiraten,
erstmal kennen lernen. Nicht gleich ins Weltall fliegen, erstmal kennen
lernen. Ein paar Prinzipien kann man sich davon schonmal abschneiden
und dann lässt man sie ein bisschen rumtingeln in ihren Macken
und dann gibt man ihnen ein paar Werkzeuge an die Hand, um mit schwierigen
Situationen umzugehen. Oder einfach tatsächlich eine Kultur entwickeln,
es gibt quasi eine Raumfahrt-Kultur, die entsteht und das auch schon
hier bei der ESA sehr groß, die ist hier im Haus sehr groß,
wir lernen alle, wie wir Feedback geben. Auch wie wir mit Kritik umgehen.
Das sind ganz kleine, aber enorm wichtige Dinge, die man hier lernt.
Ein Flug zum Mars wird funktionieren, obwohl es sicher anstrengend
wird.
Wie
sehen Sie die Raumfahrt in zehn Jahren?
Laura
Winterling: Ich glaube wir können uns das gar nicht vorstellen,
was jetzt kommt. Vor zehn Jahren, was war da anders als jetzt? Ein
paar Dinge. Wenn wir nur ein Stückchen weitergehen, Beispiel
I-Phone, wurde glaube ich 2006 auf den Markt gebracht. Da kam nicht
nur ein Smartphone, das ist jetzt unser Leben, in einem Kasten, der
ist so klein. Und dann in zehn Jahren, wenn wir wieder ein Interview
führen, haben wir wahrscheinlich alle Google Glases auf und einen
Chip implantiert und kein Mensch fragt noch danach, ob das normal
ist oder wie es mit dem Datenschutz ausschaut. Nein, Schwarmintelligenz!
Raumfahrt in zehn Jahren wird abgefahren. Dann ist meine Nichte fünfzehn
und sie ist dann bestimmt auch mit dabei.
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