GESELLSCHAFTSSPIELE
| 26.08.2020
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Mit
einem interessanten und innovativen Spielmechanismus hat sich Pictures,
veröffentlicht vom PD-Verlag aus dem niedersächsischen Heidenau,
den Weg vom heimlichen Publikumsliebling zum Spiel des Jahres gebahnt.
von
Eve Pohl
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Copyright:
© PD-Verlag
Der
erste Eindruck, den man gewinnt, wenn man die Schachtel von außen
betrachtet oder auch die Materialien mit denen hier gespielt werden
soll, darf nicht abschrecken. Auf den ersten Blick wirkt es etwas generisch
und auch teilweise nicht so schön und ansprechend gestaltet wie
andere Spiele, die in diesem Jahr auf den Markt gekommen sind oder auch
für den Preis zum „SPIEL DES JAHRES“ nominiert waren.
Sowohl „MyCity“, als auch „Nova Luna“ bestechen
durch ein sehr ansprechendes Design in Box und Material, sodass man
vielleicht von außen diesen Beiden mehr zugetraut hätte.
Aber zum Glück zählen auch bei Spielen die inneren Werte!
Tatsächlich
ist aber die größte Stärke dieses Spiels, wie leicht
und verständlich es ist und so wirklich innerhalb von fünf
Minuten zu erklären ist, selbst wenn man wenig spielt. So kann
es sehr schnell losgehen. Man legt sechzehn unterschiedliche Fotokarten
in die Mitte des Tisches und alle Spieler erhalten ein Materialset,
die alle unterschiedliche Möglichkeiten zur Darstellung bieten.
Es gibt ein Kartensatz, in welchem Symbole abgebildet sind. Dann hat
man ein Set mit verschiedenen Bauklötzen. Ein Set beinhaltet vier
Steine und vier Stöckchen. Das Vorletzte bietet mit bunten „Pixeln“
viel Möglichkeiten zur kreativen Entfaltung. Und schließlich
noch ein Set mit einem kurzen in einem langen schwarzen Schnürsenkel.
Wenn jeder Spieler ein Set gewählt hat, zieht man eine Fotokarte
und muss dann entsprechend mit seinem Material versuchen dieses Foto
möglichst verständlich für alle anderen darzustellen.
Wenn alle fertig sind, wird geraten und Punkte vergeben. Und auch das
ist wunderbar einfach: Wer richtig geraten hat, bekommt einen Punkt,
wessen Erklärung gut war, ebenso. Danach werden die Materialsets
weitergegeben an den Nebenspieler und es geht ab in die nächste
Runde. Es wird dann so lange gespielt, bis jedes Set einmal von jedem
Spieler verwendet wurde. Wer am Ende die meisten Punkte hat, kann sich
zum Sieger erklären.
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Copyright:
© PD-Verlag
Schön
ist auch, dass es sich recht fix spielen lässt und es keine langweiligen
Pausen gibt, da alle zugleich mit ihrem Zug beschäftigt sind und
eben nicht warten müssen, bis sie wieder an der Reihe sind. So
eignet es sich auch gut für Familien oder Gruppen mit Kindern oder
wenn die Spieler sehr unterschiedlich in ihrer Altersstruktur sind.
Denn Abstraktionsvermögen und Kreativität sind nicht Altersabhängig!
Für erfahrene Spieler ist es vielleicht eher ein „Appetithappen“
oder ein locker leichtes Spiel, das man gerne auspackt um einen Abend
einzuleiten, wenn man nicht direkt mit der schweren Kost beginnen möchte.
Es dauert immerhin auch nur rund dreißig Minuten.
Wenn
man das Spielmaterial betrachtet, könnte man auf den Gedanken kommen,
dass das Entwicklerpaar einfach ausrangierten Kram aus ihrem Garten
oder Keller genommen, schnell ein paar Urlaubsfotos ausgedruckt hätte,
um dann direkt loszuspielen. Das kann man sowohl als sehr gelungen,
aber auch als weniger schön sehen. Auf der Pro-Seite steht, dass
es sich hier um sehr wertiges Material handelt, die Steine und Stöcke
sind sind wohl niemals ganz gleich, handelt es sich eben um Gegenstände
aus der Natur. Insgesamt wirkt es auf jeden Fall so, als hätte
man ein sehr persönliches Spiel erhalten, das Freunde mit viel
Liebe zum Detail zusammengestellt haben. Auf der anderen Seite könnte
man einwenden, dass die Dinge irgendwie zusammengewürfelt wirken
und nicht so recht zueinander passen. Aber genau das ist es wohl, was
dem Spiel seinen Charme verleiht. Es ist auf den zweiten Blick nämlich
gar nicht mehr generisch, sondern wohl durchdacht. Jedes Set hat seine
eigenen Stärken und regt zur Interpretation an, sodass man sich
nicht auf eine althergebrachte Taktik zurückziehen kann, sondern
immer wieder kreativ werden muss. Leider sind die Fotokarten, die man
nachstellen soll, nicht so besonders wie in anderen Spielen, bei denen
man die Karten und Gedanken der Mitspieler erraten muss wie zum Beispiel
„Dixit“.
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Copyright:
© PD-Verlag
Das
bietet aber noch viel Raum für eigene Kreativität. Schließlich
könnte man einfach eigene Bilder ausdrucken oder die Karten eines
anderen Spiels zur Hilfe nehmen und so noch ein wenig mehr „Augenschmaus“
bekommen. Das soll natürlich nicht heißen, dass die Fotos
nicht schön sind, aber sie haben dann eben nicht das Gewisse Etwas,
was ein Illustrator zu Papier bringen könnte, der sich nicht an
die Abbildung der Wirklichkeit halten muss. Auf der anderen Seite sind
die Materialien eben doch gut mit den einzelnen Bildern kompatibel.
Die bunten Pixel beispielsweise sind genau auf die Farben abgestimmt,
die man dann auch in den Bildern wiederfindet und auch die Motive der
Symbolkarten sind natürlich nicht zufällig ausgewählt.
Auf den zweiten Blick also, sind die Materialien doch interessant und
durchaus klug ausgewählt und auch jedes Set bringt seine eigenen
Schwierigkeiten mit sich. Es mag dem ein oder anderen zwar ein Set mehr
liegen, man hat aber trotzdem mit allen Materialien ähnliche Chancen.
Die
Balance ist also durchaus gegeben. Eine interessante Frage, die ich
mir immer wieder gestellt habe: Kann ich mir selber ein Materialset
ausdenken, mit dem man ebenso gute Chance hätte wie die anderen,
das aber dennoch herausfordernd und gleichzeitig unterscheidbar von
den anderen ist. Am Ende ist es wohl das Blatt Papier geworden. So könnte
man eine weitere Person (Nr. 6) einbinden. Der entsprechende Spieler
könnte das Blatt falten, auseinanderreißen, zusammenknüllen
und was einem noch so einfällt. Das wäre dann eben auch noch
eine schöne Möglichkeit die bereits benutzten Punktzettel
noch einmal zu verwenden. Wenn man ein frisches Blatt nehmen möchte,
wäre es vielleicht Verschwendung, würde man alleine schon
in einer einzigen Partie bis zu fünf Blätter verbrauchen.
Auch bei den nachzustellenden Bildern könnte man kreativ werden.
Anstatt der beigelegten Karten wäre denkbar Fotos oder Zeichnungen
von sich selbst, seinen Urlauben oder schönen Erinnerungen zu verwenden.
So könnte man das Spiel noch etwas personalisieren. Vielleicht
ja auch eine Idee für ein Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenk?
Insgesamt
kann man sagen, dass „Pictures“ von Christian und Daniela
Stöhr eine Menge Spaß macht. Und das egal, ob man drei unterschiedliche
Generationen an den Tisch setzt, welche Schulbildung jeder Mitspieler
hat oder wie viel Erfahrung man schon mit Brettspielen hat. Und nur
weil die generelle Spielidee so simpel ist und bereits in ähnlicher
Form schonmal da gewesen ist, bietet es doch einen neuen Ansatz. Eigentlich
müsste man bei diesem Spiel kein einziges Wort sagen und doch gibt
es immer wieder Situationen, in denen diskutiert und gelacht wird ob
der vermeintlich genialen und einfachen Darstellung, die dann trotzdem
irgendwie niemand anderes verstanden hat. Das wichtigste zum Schluss:
Es macht echt Spaß „Pictures“ zu spielen! Und deswegen
ist es ein durchaus würdiger Gewinner für den Preis Spiel
des Jahres 2020“.
PICTURES
Spieleranzahl:
3 bis 5 Spieler | PD-Verlag | Altersangabe: ab 8 Jahren
A: Daniela und Christian Stöhr | I:
Dominik Mayer | Spieldauer: ca. 30 Minuten
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