GESELLSCHAFTSSPIELE
| 25.07.2020
And
the rote Pöppel goes to...
Spiel und Kennerspiel des Jahres 2020
Nachdem
im vergangenen Mai bereits zum 17. Mal die Verleihung zum Kinderspiel
des Jahres stattfand, hat das warten nun auch für die anderen Preise
ein Ende. Im kleinen Rahmen und mit viel Abstand hat am 20. Juli nun
auch in Berlin die letzte Veranstaltung stattgefunden.
von
Eve Pohl
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Spiel des Jahres e.V.
Harald
Schrapers, der Vorsitzende des Vereins Spiel des Jahres e.V., eröffnete
mit feierlichen Worten die diesjährige Preisverleihung, die in
diesem Jahr bedingt durch das Coronavirus nicht wie in den letzten Jahren
in großer Runde stattfinden konnte. Dabei wird der Preis nun schon
zum 42. Mal vergeben und ist damit wohl nicht unbedeutend. Und umso
schöner ist es, dass die Jury und der Verein sich dazu entschieden
haben, die Verleihung nicht ausfallen zu lassen und so das Kulturgut
Spiel zu ehren. In diesem Jahr wurden etwa 330 deutschsprachige Spiele
getestet und schließlich wurde daraus die erste Nominierungsliste,
dann die Shortlist und am Ende schließlich wurde das Spiel des
Jahres aus diesen ausgewählt.
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Spiel des Jahres e.V.
Ein
interessanter Blick zurück auf das Spiel des Jahres vor fünfundzwanzig
Jahren gilt dem modernen Klassiker „Die Siedler von Catan“.
Autor Klaus Teuber entwarf vor einem viertel Jahrhundert ein Spiel,
das bis heute nicht mehr aus den Sammlungen wegzudenken ist. Obwohl
es einfach zu spielen und schnell zu lernen ist, kann doch eine hitzige
Verhandlung um Holz, Erz, Schafe, Getreide oder Lehm entstehen. Man
baut seine Straßen und Siedlungen quer über die Insel und
entdeckt ganz neue Seiten an seinen Mitspielern. Zuerst hat Klaus Teuber
– so verrät er im Einspieler – einen Entdeckergedanken
im Spiel gehabt, da dieser aber viel zu viel gewesen wäre, wurde
das dann später die gleichnamige Erweiterung. „Die Siedler
von Catan“ wird fünfundzwanzig, wird aber wohl niemals zu
alt für einen guten Spieleabend sein.
Die
Nominierten zum Spiel des Jahres 2020 waren „MyCity“, „Nova
Luna“ und „Pictures“. Dabei können alle drei
durch ihre Unterschiedlichkeit punkten. Obwohl die Spielideen nicht
unbedingt völlig verrückt sind und doch durch den ungewöhnlichen
Einsatz doch wieder überraschend und auch der Spielspaß kommt
dabei nicht zu kurz.
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Spiel des Jahres e.V.
Bei
„My City“ von Rainer Knizia handelt es sich um ein Kampagnenspiel,
wie auch „The King's Dilemma“, das bei den Kennerspielen
nominiert war. Man baut mit Hilfe von Karten seine Stadt auf. Das besondere
bei diesen Spielen ist aber, dass man viele Partien hintereinander spielt
und bei jeder ändern sich die Regeln leicht. „My City“
richtet sich dabei aber explizit an Familien und so sind die Regeln
nicht zu kompliziert. Was bei „Nova Luna“ von Uwe Rosenberg
und „Corné“ von Moorsel als erstes auffällt,
ist wie unglaublich schön und ästhetisch das Material gestaltet
wurde. Da hat Illustrator Lukas Siegmon eine wunderbare Arbeit abgeliefert.
Es handelt sich um ein abstraktes Legespiel, das auch tolle strategische
Möglichkeiten bietet. Man kann auch den Mitspielern mal die richtigen
Plättchen vor der Nase wegschnappen. „Nova Luna“ bietet
einen leichten Zugang und ist ebenfalls gut für Familien geeignet.
Bei
„Pictures“ von Daniele und Christian Stöhr handelt
es sich um eine unglaublich einfache Idee, die doch so ein schönes
Gruppenerlebnis bereithält. Auf einem Spielplan sind verschiedene
Photographien abgebildet, welche man mit Hilfe von anderen Materialien
darstellen muss, wie bunte Holzklötze, die Pixel darstellen sollen,
Schnürsenkel oder größere Bauklötze. Wer richtig
rät und gut darstellt, gewinnt jeweils einen Punkt. Und das war
es schon, ein Mordsspaß. Allerdings wünscht man sich nach
einer Weile dann doch noch ein paar weitere verschiedene Fotos, damit
man nicht immer die gleichen sechzehn Bilder darstellt, vielleicht wäre
das ja eine Idee für eine Erweiterung?
And
the rote Pöppel goes to... „Pictures“! Mit der simplen
Idee wurde hier von den Autoren Daniela und Christian Stöhr, sowie
dem PD Verlag ein großer Wurf gelandet. Herzlichen Glückwunsch!
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Spiel des Jahres e.V.
Die
Verleihung des Preises „Kennerspiel des Jahres“ jährt
sich zwar erst zum zehnten Mal, dennoch handelt es sich auch hier um
eine sehr interessante Kategorie. Denn wenn man von „Mensch ärgere
dich nicht“, „Mau Mau“, aber auch von „Dominion“
und „Die Siedler von Catan“ zu viel hat und auch sonst fast
alle Klassiker Spiele ausgespielt hat und man sich vielleicht noch den
ein oder anderen Geheimtipp abholen möchte oder auch mal komplexere
Spiele ausprobieren möchte, ist man dort goldrichtig. Hier werden
Spiele prämiert, die oftmals nicht die Masse der Haushalte erreichen,
aber denen, die begeisterte Brettspieler sind, doch immer wieder neue
Impulse geben.
Zum
Kennerspiel des Jahres waren 2020 „Der Karthograph“, „Die
Crew – reist gemeinsam zum 9. Planeten“ und „The King's
Dilemma“ nominiert. Diese drei Spiele sind allesamt einzigartig.
Während „Die Crew“ von Thomas Singsehr minimalistisch
daherkommt, mit wenig Material und einem nicht allzu komplizierten Spielmechanismus,
ist „The Kings Dilemma“ von Lorenzo Silva und Hjalmar Hach
kein bisschen einfach. Es kommt vielmehr als Kampagnenspiel daher, bei
dem man über viele Runden beziehungsweise Partien mit der gleichen
Gruppe spielen sollte. Dabei ist man die Beratergruppe rund um den König,
die über Probleme debattieren und gemeinsam Entscheidungen zur
Politik des Reiches fällen muss.
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Spiel des Jahres e.V.
Und
obwohl man nur „Ja“ oder „Nein“ sagen oder zwischen
zwei Optionen wählen kann, fallen diese Entscheidungen keineswegs
leicht aus. Aber ein wenig Lust am Diskutieren sollte man schon mitbringen.
In der dritten Nominierung „Der Karthograph“ von Autor Jordy
Adan macht man sich– wie der Titel schon suggeriert – als
Karthograph selber auf die Reise, um sein Glück zu versuchen. Dabei
zeichnet man Landschaften auf seiner Karte auf, um sich so möglichst
viele Punkte zu sichern. Doch wenn ein Monsterangriff kommt, kann es
sein, dass man die nicht ganz so gelungenere Karte seines Mitspielers
weitermalen muss. So gibt es noch ein interessantes Glücks- aber
auch Strategieelement. „Der Karthograph“ hat bereits zuvor
den brasilianischen Spielepreis gewonnen.
Am
Ende sind all diese Spiele sicher einer Partie würdig, aber „Die
Crew – reist zum 9. Planeten“ konnte sich den grauen Pöppel
sichern und ist somit das Kennerspiel des Jahres 2020. Herzlichen Glückwunsch
an den Autor Thomas Sing und den KOSMOS Spieleverlag.
Im
Nächsten Jahr kann man sich wieder über einen neuen Jahrgang
außergewöhnlicher neuer Spielerlebnisse freuen. Bis dahin
bieten aber auch die Empfehlungslisten zum diesjährigen Spiel des
Jahres einen reichhaltigen Fundus.
Weitere
Informationen unter: www.spiel-des-jahres.de
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