Die
Serie fokussiert auf den Alltag der Familie Lyons, die ursprünglich
aus Manchester stammt: Daniel, Angestellter eines Wohnungsamts, ist
homosexuell und will bald seinen Lebensgefährten, den Grundschullehrer
Ralph, heiraten. Sein älterer Bruder Stephen, ein Finanzberater,
und seine Schwägerin Celeste, eine Buchhalterin, die in London
wohnen, machen sich Sorgen um ihre beiden Töchter, die junge
Erwachsene Bethany und die jugendliche Ruby. Seine jüngere Schwester
Rosie, die in einer Schul-Cafeteria arbeitet, sich als alleinerziehende
Mutter um ihre Söhne Lee und Lincoln kümmern muss und unter
Spina bifida leidet, möchte einen neuen Partner finden. Seine
bisexuelle Schwester Edith ist für unzählige Hilfs-Organisationen
ständig in der Welt unterwegs und hat die anderen deswegen schon
länger nicht mehr gesehen. Die herrische Muriel, die Großmutter
der Geschwister, steht der Familie als Matriarchin vor. Auf einer
Familienfeier im Jahr 2019 ändert sich nicht nur das Leben der
Familie, sondern auch die Zukunft Großbritanniens aufgrund eines
politischen Zwischenfalls für immer. Die Handlung konzentriert
sich fortan sowohl auf das Privatleben der Lyons innerhalb der nächsten
15 Jahre als auch auf die politische Lage im Land, die von Instabilität
aufgrund von politischen, wirtschaftlichen und technologischen Entwicklungen
geprägt ist...
Die
sechsteilige BBC-Serie „Years & Years“, die nun auf
DVD und Blu-ray erscheint, stammt aus der Feder von Russel T. Davies,
der mit „Queer As Folk“ berühmt wurde und zuletzt
mit A Very English Scandal“ für Aufsehen sorgte. Nun also
eine Familienserie der etwas anderes Art, die liebgewonnene und gepflegte
Genre-Gewohnheiten auf den Kopf stellt und innovativ erweitert. Im
Kern geht es um ein Familiendrama, welches in einer düsteren
und beunruhigen Dystopie eingebettet ist. Vergleiche mit „The
Handmaid´s Tale“ liegen da auf der Hand, wobei „Years
& Years“ noch beängstigender ist, weil es viel näher
an der aktuellen Realität ist. Die Serie macht deutlich, welche
gravierenden Konsequenzen scheinbar simple Entscheidungen haben können,
sei es im privaten oder politischen Bereich.
Als
Bindeglied zwischen dem familiären Bereich und den Irrungen und
Wirrungen auf der politischen Weltbühne fungiert die Politikern
Vivienne Rock, grandios gespielt von Emma Thompson („Kindeswohl“).
Sie bedient sich jener politischen Taktik, die in der heutigen Zeit
sehr populär ist: Sie gibt simple Antworten auf große Fragen,
die wenig Substanz beinhalten, aber mit sehr viel Leidenschaft vorgetragen
werden. „Years & Years“ startet bereits in der ersten
Folge so richtig durch. Der Zuschauer wird konfrontiert mit einer
scheinbar harmlosen Familiengeschichte und skurril anmutenden Erfindungen.
Was denn folgt, lässt den Puls in die Höhe schnellen und
sorgt für großes emotionales Engagement. Inhaltlich soll
an dieser Stelle nichts verraten werden, was den Sehgenuss schmälern
könnte. Der Überraschungseffekt ist bei dieser Serie großartig
als filmisches Mittel eingesetzt.
Neben
Emma Thompson spielen viele prominente Schauspielerinnen und Schauspieler
mit, die man aus dem britischen Film und Fernsehen kennt. Erwähnt
seien an dieser Stelle Rory Kinnear, T’Nia Miller, Jessica Hynes,
Ruth Madeley und Dino Fetscher sowie Anna Reid als die Großmutter
der Familie, die als Ruhepol der Familie nach den verhängnisvollen
Ereignissen der ersten Folge dient. Mit „Years & Years“
ist Showrunner Russell T. Davies eine Serie gelungen, die sehr viel
will und entsprechend liefert. Es ist eine relevante Serie, die einen
Beitrag zu einer virulenten gesellschaftlichen Debatte darstellt.
In einer Zeit, wo scheinbar unverrückbare Dinge wie der demokratische
Rechtsstaat weltweit auf dem Prüfstand steht und scheinbar in
Stein gemeißelte Wahrheiten auf einmal ins Wanken geraten, trifft
diese Serie einen wunden Punkt.