Es
brennt in den Vorstädten … Schon bei seinem ersten Einsatz
spürt der Polizist Stéphane, der Neuling in der Einheit
für Verbrechensbekämpfung in Montfermeil, die Spannungen im
Viertel, in dem es immer wieder zu hitzigen Auseinandersetzungen zwischen
Gangs und Polizei kommt.
Stephane
(Damien Bonnard) hat sich vor kurzem der Einheit für Verbrechensbekämpfung
von Monfermeil, einem Vorort von Paris, angeschlossen. Dies ist
genau der Ort, an dem Victor Hugo 1862 seinen Roman "Les Misérables"
(zu deutsch: "Die Elenden") spielen ließ. Zusammen
mit Stephanes neuen Kollegen Chris (Alexis Manenti) und Gwada (Djibril
Zonga) – beide erfahrene Mitglieder der Einheit – bemerkt
er schnell die Spannungen zwischen den lokalen Gangs und der örtlichen
Polizei...
Kaum
ein Roman wurde in der Vergangenheit so oft verfilmt wie „Les
Misérables“. Da kommt man locker auf mehr als 20 Verfilmungen
und ein sehr erfolgreiches Musical. Der Stoff um die Entrechteten
und Ohnmächtigen, die am Rande der Gesellschaft Unterdrückung
und Ausgrenzung ertragen müssen, ist zeitlos und leider genauso
so aktuell wie 1862, dem Entstehungsjahrs des Romans von Viktor
Hugo. Das dachte sich wohl auch der preisgekrönte Dokumentarfilmer
Ladj Ly („365 Days In Mali“), als er „Die Wütenden
- Les Misérables“ inszenierte, der in Cannes für
viel Aufmerksamkeit sorgte. Dabei ist die Verbindung von Film zur
literarischen Vorlage außer im Titel sehr spärlich und
in erster Linie symbolisch zu verstehen.
Konkret
besteht die Verbindung in erster Linie in dem Umstand, dass die
Handlung in Montfermeil spielt, jener Stadtteil von Paris, in dem
auch der Roman spielt. Der Film ist in seiner Inszenierung sehr
stark von der dokumentarischen Vergangenheit des Regisseurs geprägt,
der diesen Stil gekonnt und wirksam einsetzt. Zudem ist Ladj Ly
dort aufgewachsen und kennt das Milieu blind. Der Zuschauer wird
konstant in Hochspannung versetzt und profitiert von der enormen
Energie, die dieser Film, der weitgehend auf simple Klischee-Zeichnungen
verzichtet, verbreitet. Gerade zum Ende hin entwickelt der Film
eine enorme Dichte, der man sich nur schwer entziehen kann. Zuschauer
und Protagonisten geraten immer mehr auf eine Abwärtsspirale
in das Verderben. In diesem Film gibt es keine Gewinner und Verlierer.
Die
Menschen, egal ob Polizist, Anwohner oder Krimineller, kämpfen
um ihr tägliches Überleben. Moralische Grenzen verschwimmen
schnell. Auch die scheinbar Mächtigen sind nur Opfer einer
brutalen Gesellschaft und kämpfen um ihr Überleben. Die
französischen Banlieus sind zum Symbol für das Scheitern
einer Gesellschaft geworden, die mit dem Anspruch der universellen
Menschenrechte für alle Bürgerinnen und Bürger der
Gesellschaft aus einer blutigen Revolution hervorgegangen ist. Die
derzeitigen Unruhen in genau diesen vergessenen Vororten scheint
wie ein flammendes Fanal. „Die Wütenden - Les Misérables“
ist kein optimistischer Film. Er lässt mit einem unguten Gefühl
in der Magengrube zurück. Hier werden keine zuckersüßen
kitschigen Lösungen angeboten, sondern der Ist-Zustand abgebildet.
Frankreich
2019 | Alamode Film |
VÖ: 24.04.2020 digital zum Kauf,
01.05.2020
digital zum Leihen, 08. Mai 2020 auf DVD & Blu-ray (FSK
16) R: Ladj Ly | D: Damien
Bonnard, Alexis Manenti, Djebril Didier Zonga