Abendkleider,
Champagnergläser und Operngesang. Die begnadete Sopranistin Roxane
Coss gibt im Rahmen eines Empfangs in Südamerika ein Privatkonzert
im Palazzo des Vizepräsidenten. Doch plötzlich bekommt der
Abend eine grauenhafte Wendung: Eine schwerbewaffnete Gruppe von maskierten
Guerilla-Kämpfern nimmt die Abendgesellschaft in Geiselhaft.
Die
berühmte amerikanische Sopranistin Roxanne Coss (Julianne Moore)
reist nach Südamerika in eine vom Militär regierte Diktatur,
um dort auf der Geburtstagsfeier des japanischen Industriellen Katsumi
Hosokawa (Ken Watanabe) ein Privatkonzert zu geben. Doch plötzlich
taucht eine Gruppe Guerillas unter der Leitung von General Benjamin
(Demian Bichir) auf und nimmt die Gesellschaft als Geiseln, mit
denen sie ihre inhaftierten Kameraden freipressen wollen. Das eigentliche
Ziel, der Präsident des Landes, ist nämlich gar nicht
anwesend. Nach Verhandlungen werden alle Frauen freigelassen, außer
Roxanne. Eine einen Monat andauernde Geiselnahme beginnt, in der
die übrigen Geiseln und ihre Geiselnehmer ihre Differenzen
beiseitelegen und ihre Menschlichkeit dem drohenden Desaster gegenüberstellen
müssen. Können Roxanne und ihre Mitgefangenen noch heil
aus der Sache rauskommen oder mündet die dramatische Situation
in einer schrecklichen Katastrophe?
Der
neue Film von Regisseur Paul Weitz („About a Boy“) basiert
auf einem Bestseller aus der Feder von Ann Pratchett. Der Film ist
viel mehr als ein simples Geiseldrama, sondern präsentiert
dem Zuschauer einen komplexen cineastischen Mix, wobei im Mittelpunt
eindeutig die handelnden Figuren stehen. Durch den Umstand, dass
auch die Geiselnahme ein Gesicht und eine Stimme erhalten, wird
das simple Schwarz-Weiß-Schema sehr schnell gebrochen. Der
Zuschauer muss sich selbst eine Meinung machen, was manchmal anstrengend
ist, sich jedoch stets lohnt. Hier wird nichts moralisch bewertet
und es gibt auch keinen erhobenen Zeigefinger. Es ist ein Drama,
wo man beide Seiten verstehen kann und es kein Gut und Böse
gibt.
Julianne
Moore („Suburbicon“) liefert eine schauspielerische
Glanzleitung ab. Ihr zur Seite stehen in „Die Geiselnahme“
Sebastian Koch („Werk ohne Autor“) und Ken Watanabe
(„Transformers 5“). Die Annäherungen zwischen den
Geiselnehmern und den Geiseln wird behutsam und glaubwürdig
dargestellt. Besonders die Beziehung zwischen einer jungen Geiselnehmerin
und dem japanischen Dolmetscher ist sehr anrührend ohne kitschig
zu werden. Sprache und Gesang nehmen in diesem Film eine ganz besondere
Rolle ein. Über sprachlichen Grenzen verbindet Gesang die Menschen
und führt schließlich zu einem gewissen Gefühl der
Verbrüderung und des Verständnisses zwischen den doch
sehr unterschiedlichen Gruppen.
Auch
wenn die Motive der Geiselnehmer angedeutet werden und sie nicht
als Monster oder stupide Terroristen dargestellt werden, wäre
es schön gewesen, wenn mehr über die politischen Hintergründe
dieser Geiselnahme und des dahinter steckenden Konflikts erzählt
worden wäre. Das würde im dem blutigen und dramatischen
Finale wesentlich zur Orientierung beitragen. Spätestens bei
der Befreiung der Geiseln verwischen nämlich die Grenzen zwischen
Gut Böse endgültig, insofern es sie jemand gegeben hat.
„Die Geiselnahme“ erscheint auf DVD und Blu-ray. Auf
der Blu-ray gibt es als Bonusmaterial zwei interessante Featurettes.
Eines davon kümmert sich um die Charaktere des Films, das Zweite
erzählt die Hintergründe zur eigentlichen Geschichte.
Darin finden sich interessante Infos von Regisseur Paul Weitz hinsichtlich
seiner Motivation, diesen Film zu realisieren. „Die Geiselnahme“
ist ein gelungenes Drama, das sie Abgründe der menschlichen
Seele auslotet und zeigt, dass Menschen auch in dunklen Stunde größte
Menschlichkeit an den Tag legen können.
USA
2018 | DCM | VÖ: 22. Februar 2019
(FSK 12) Regie: Paul Weitz | Darsteller:
Julianne Moore, Ken Watanabe, Sebastian Koch