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Startseite > Film > DVD & Blu-ray | 26.02.2020

DVD & BLU-RAY
Loveless

Zhenya und Boris, ein Paar aus der gehobenen russischen Mittelschicht, stehen vor den Trümmern ihrer Ehe. Längst ist die frühere Zuneigung bitteren Anschuldigungen gewichen, die gemeinsame Wohnung steht zum Verkauf, beide sind bereits in neuen Beziehungen. Im Zentrum des Debakels und gleichzeitig völlig abseits steht ihr 12jähriger Sohn Alyosha, dessen Schmerz und Einsamkeit niemand wahrnimmt.

von Richard-Heinrich Tarenz


© Alpenrepublik

Lange waren Boris (Alexey Rozin) und Zhenya (Maryana Spivak) verheiratet, doch nun steht ihre Ehe kurz vor dem Aus. Beide haben bereits neue Partner gefunden, Zhenya ist mit dem älteren und reichen Anton (Andris Keishs) zusammen und Boris und seine neue Freundin Masha (Marina Vasilyeva) bekommen demnächst sogar schon ein Kind. Dennoch wohnen Boris und Zhenya aktuell noch zusammen mit ihrem zwölfjährigen Sohn Alyosha (Matvey Novikov) in ihrem gemeinsamen Apartment in Leningrad. Diese angespannte Situation ist nicht nur für Boris und Zhenya eine große Last, sondern vor allem auch für den verschlossenen und zurückgezogenen Alyosha, zu dem beide Elternteile keinen richtigen Zugang finden. Doch dann ist Alyosha eines Tages plötzlich spurlos verschwunden. Weil sie sich auf die Polizei nicht verlassen können, müssen die beiden zusammenarbeiten und ihn finden, bevor ihm etwas zustößt…


© Alpenrepublik

Der russische Filmemacher Andrey Zvyagintsev gehört zu den einflussreichsten Vertretern der unabhängigen Filmszene seines Landes. Seine Filme sind werfen einen düsteren Blick in die Abgründe der menschlichen Seele und sind häufig begleitet von Kontroversen. Man denke nur an „Leviathan“ aus dem Jahre 2014, der als Bester nicht-englischsprachiger Film für den Oscar nominiert wurde und beim Filmfestival in Cannes den Drehbuchpreis gewann. „Loveless“, der nun auf DVD erscheint, wandelt auf ähnlich düsteren Pfaden. Meisterhaft zeigt der Regisseur, wie aus einer Alltagssituation nach und nach etwas Neues entsteht und Eskalation dabei eine wichtige Rolle spielt. Es ist die trügerische Ruhe vor dem Sturm, welche die Menschen mit aller Wucht trifft. Der Film bietet jedoch noch viel mehr Ebenen als die offensichtliche Suche nach dem verlorenen Sohn.

Es ist eine bitterböse Abrechnung mit den Herrschenden, was universell funktioniert. Wenn man in diesem Film verbissen nach Putin-Systemkritik sucht, greift man zu kurz. Vielmehr wird hier einer hedonistischen Gesellschaft der Spiegel vorgehalten. Die Eltern des vermissten Jungen sind oberflächlich und materialistisch. Die Mutter zelebriert einen allgegenwärtigen Körperkult im Fitnessstudio und der Vater ist nur auf seinen Vorteil bedacht. Kinder stören da nur, bzw. sind lästiges Beiwerk. Der Film kommt ohne Sympathieträger aus, was das Sehvergnügen nicht gerade steigert. Was den Film sehenswert macht, neben den gelungenen Charakterzeichnungen, ist die fast schon unerträgliche Spannung, wenn es um die Suche des verlorenen Kindes geht. Im Verlauf des Films wird der Film immer dichter, manchmal kaum erträglich. Menschen die sich nur selbst lieben müssen sich zusammenraufen um ihr Kind zu suchen. Der Film ist böse, fast schon emotional unerträglich und gerade deswegen sehenswert.


Russland, Frankreich, Belgien, Deutschland 2016 | Alpenrepublik | : 28. Februar 2020 (FSK 16)
R: Andrey Zvyagintsev | D: Maryana Spivak, Alexey Rozin, Matvey Novikov



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