Zhenya
und Boris, ein Paar aus der gehobenen russischen Mittelschicht, stehen
vor den Trümmern ihrer Ehe. Längst ist die frühere Zuneigung
bitteren Anschuldigungen gewichen, die gemeinsame Wohnung steht zum
Verkauf, beide sind bereits in neuen Beziehungen. Im Zentrum des Debakels
und gleichzeitig völlig abseits steht ihr 12jähriger Sohn
Alyosha, dessen Schmerz und Einsamkeit niemand wahrnimmt.
Lange
waren Boris (Alexey Rozin) und Zhenya (Maryana Spivak) verheiratet,
doch nun steht ihre Ehe kurz vor dem Aus. Beide haben bereits neue
Partner gefunden, Zhenya ist mit dem älteren und reichen Anton
(Andris Keishs) zusammen und Boris und seine neue Freundin Masha
(Marina Vasilyeva) bekommen demnächst sogar schon ein Kind.
Dennoch wohnen Boris und Zhenya aktuell noch zusammen mit ihrem
zwölfjährigen Sohn Alyosha (Matvey Novikov) in ihrem gemeinsamen
Apartment in Leningrad. Diese angespannte Situation ist nicht nur
für Boris und Zhenya eine große Last, sondern vor allem
auch für den verschlossenen und zurückgezogenen Alyosha,
zu dem beide Elternteile keinen richtigen Zugang finden. Doch dann
ist Alyosha eines Tages plötzlich spurlos verschwunden. Weil
sie sich auf die Polizei nicht verlassen können, müssen
die beiden zusammenarbeiten und ihn finden, bevor ihm etwas zustößt…
Der
russische Filmemacher Andrey Zvyagintsev gehört zu den einflussreichsten
Vertretern der unabhängigen Filmszene seines Landes. Seine
Filme sind werfen einen düsteren Blick in die Abgründe
der menschlichen Seele und sind häufig begleitet von Kontroversen.
Man denke nur an „Leviathan“ aus dem Jahre 2014, der
als Bester nicht-englischsprachiger Film für den Oscar nominiert
wurde und beim Filmfestival in Cannes den Drehbuchpreis gewann.
„Loveless“, der nun auf DVD erscheint, wandelt auf ähnlich
düsteren Pfaden. Meisterhaft zeigt der Regisseur, wie aus einer
Alltagssituation nach und nach etwas Neues entsteht und Eskalation
dabei eine wichtige Rolle spielt. Es ist die trügerische Ruhe
vor dem Sturm, welche die Menschen mit aller Wucht trifft. Der Film
bietet jedoch noch viel mehr Ebenen als die offensichtliche Suche
nach dem verlorenen Sohn.
Es
ist eine bitterböse Abrechnung mit den Herrschenden, was universell
funktioniert. Wenn man in diesem Film verbissen nach Putin-Systemkritik
sucht, greift man zu kurz. Vielmehr wird hier einer hedonistischen
Gesellschaft der Spiegel vorgehalten. Die Eltern des vermissten
Jungen sind oberflächlich und materialistisch. Die Mutter zelebriert
einen allgegenwärtigen Körperkult im Fitnessstudio und
der Vater ist nur auf seinen Vorteil bedacht. Kinder stören
da nur, bzw. sind lästiges Beiwerk. Der Film kommt ohne Sympathieträger
aus, was das Sehvergnügen nicht gerade steigert. Was den Film
sehenswert macht, neben den gelungenen Charakterzeichnungen, ist
die fast schon unerträgliche Spannung, wenn es um die Suche
des verlorenen Kindes geht. Im Verlauf des Films wird der Film immer
dichter, manchmal kaum erträglich. Menschen die sich nur selbst
lieben müssen sich zusammenraufen um ihr Kind zu suchen. Der
Film ist böse, fast schon emotional unerträglich und gerade
deswegen sehenswert.