Der
ehemalige Polizist Asger Holm (Jakob Cedergren) arbeitet mittlerweile
in einer Notrufzentrale. Eines Tages erhält er einen Anruf
von der verängstigten Iben (Jessica Dinnage), die neben ihrem
Entführer im Auto sitzt und so tut, als würde sie mit
ihrer Tochter telefonieren. Asger will der entführten Frau
unbedingt helfen, was aber übers Telefon gar nicht so leicht
ist, denn schnell kommt der Entführer hinter Ibens Notruf und
bricht die Verbindung ab. Nun beginnt für Asger ein Wettlauf
gegen die Zeit. Dabei ist seine einzige Waffe das Telefon. Während
er alles in seiner Macht stehende tut, um die Frau ausfindig zu
machen, muss er bald feststellen, dass er es mit einem weitaus größeren
Verbrechen zu tun hat, als anfangs angenommen…
„The Guilty“ von Regisseur Gustav
Müller verwirklicht die radikale Reduktion des Kinos und verbindet
sie in seinem Debütfilm mit einer spannenden und intelligenten
Handlung, die beim Zuschauer alle emotionale Register zieht. Das
Ergebnis ist einer der besten Filme des laufenden Jahres. Wo sonst
Kino ausladend und üppig, wo mit der Kamera gespielt und experimentiert
wird, wo Tricktechnik den Besucher in ferne Welten entführt,
schränkt sich dieser Film bewusst ein. Die Handlung von „The
Guilty“ beschränkt sich auf ganze zwei Räume in
einer Polizeistation und auf einen Protagonisten der Handlung.
©
J.Spanning
Diese
bewusste Einschränkung behält der Film bis zum Ende bei
und entfaltet damit eine emotionale Sprengkraft, die man so nicht
im Kino gesehen hat. Filme mit einem ähnlichen Ansatz, wie
„Nicht auflegen!“ und „Buried - Lebend begraben“,
wirken dagegen matt und grau. Ein solcher Ansatz, wie von Gustav
Müller gewählt, ist immer auch ein großes Risiko.
Es bedarf eines exzellenten Drehbuchs und eines Darstellers, der
dieses Drehbuch auf seinen Schultern tragen kann. Beide Hürden
meistert der Film ohne Schwierigkeiten. Jakob Cedergren („Sadie
- Dunkle Begierde“) als Asger liefert dabei eine schauspielerische
Leistung ab, die den Zuschauer von Anfang an in ihren Bann zieht.
Man leidet 82 Minuten mit diesem Mann mit, obwohl die Figur moralisch
ambivalent ist und alles andere als ein klassischer Held. Der Zuschauer
nimmt jede noch so kleine Regung im Gesicht und in der Stimmt wahr
und ordnet sie emotional ein. Schwer vorstellbar, dass man emotional
so tief in einem Menschen eindringen kann, obwohl es nur um minimale
Veränderungen des Ausdrucks geht.
Die eigentliche Geschichte ist nicht wirklich
kompliziert, aber die wartet mit einem tollen Twist auf und verzichtet
auf unrealistische Wendungen. Der Mann, der eigentlich nur die Nachtschicht
beenden will, begibt sich unfreiwillig auf eine Reise in seine innere
Hölle und stellt sich seinen Dämonen und Abgründen.
Ab einem gewissen Zeitpunkt geht es nicht nur darum eine fremde
Frau zu retten, sondern um das eigene Seelenheil. Als Zuschauer
durchlebt man alle emotionalen Stufen und spürt selber Schmerz,
Wut, Entsetzen und vieles mehr. „The Guilty“ ist ein
grandioser Parforceritt durch die menschliche Seele und ein großartiger
Film. Es bleibt zu hoffe, dass er bei den anstehenden internationalen
Preisverleihungen entsprechend ausgezeichnet wird. So gewann er
bereits die Zuschauerpreise bei den Festivals von Sundance und Rotterdam
und wurde als offizieller dänischer Beitrag für den Oscar
für den besten fremdsprachigen Film 2019 nominiert. „The
Guilty“ erscheint nun auf DVD, Blu-ray und VoD.