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Startseite > Film > Kino | 18.09.2019

KINO
AD ASTRA
Zu den Sternen

Astronaut Roy McBride reist an den äußersten Rand des Sonnensystems, um seinen vermissten Vater zu finden und mysteriöse Vorgänge aufzudecken, die das Überleben auf unserem Planeten bedrohen. Auf seiner Reise enthüllt er Geheimnisse, die die menschliche Existenz und unseren Platz im Universum in Frage stellen.

von Richard-Heinrich Tarenz


© 2019 Twentieth Century Fox

Astronaut und Raumfahrt-Ingenieur Major Roy McBride (Brad Pitt) ist ein Einzelgänger, bei der Arbeit immer hochkonzentriert und gelassen, doch im Privaten kaum zu einer echten Bindung fertig. Vor 30 Jahren brach sein Vater Clifford McBride (Tommy Lee Jones) zu einer Mission ins All auf, um nach außerirdischem Leben zu forschen – doch nach einigen Jahren brach der Kontakt ab, niemand kann mit Gewissheit sagen, was aus Clifford und seiner Crew wurde, die zuletzt Neptun umkreisten. Als die Erde von gefährlichen elektromagnetischen Stürmen aus dem All heimgesucht wird, wendet sich die zuständige Weltraum-Behörde an Roy und eröffnet ihm, dass ein Zusammenhang zwischen diesen Stürmen und der eigentlich verloren geglaubten Forschungsstation seines Vaters vermutet wird. Roy soll eine Botschaft ins All senden, in der Hoffnung, dass sein Vater auf diese reagiert, sollte er noch leben. Dafür muss Roy aber erst einmal selbst in den Weltraum aufbrechen, denn die Nachricht kann nicht von der Erde aus gesendet werden…


© 2019 Twentieth Century Fox

Es gibt Filme, die versetzen einen in Euphorie oder in Wut. Sie wecken Emotionen, erzeugen Begeisterung und Widerspruch. Und dann gibt es Filme, die hübsch aussehen und auf den ersten und zweiten Blick gefallen, aber dann schnell an Anziehungskraft verlieren und in dem diffusen Nebel der Gleichgültigkeit versinken. „Ad Astra“ von Regisseur James Gray („Die versunkene Stadt Z“) gehört zu großen Teilen in diese Kategorie. Der Film, der ein Budget von stolzen 90 Millionen Dollar verschlang, regt zum Widerspruch an und macht ratlos. Das Sci-Fi-Drama mit Brad Pitt („Once Upon a Time in Hollywood“) sieht gut aus und punktet mit einer sehr eigenwilligen gedämpften Atmosphäre. Damit wäre an dieser Stelle eigentlich alles wesentliche zu diesem Film gesagt.

Da der Film jedoch für die anstehende „Film Awards Seasons“ als durchaus relevant gehandelt wird, lohnt sich eine nähere Betrachtung. Im Mittelpunkt steht die distanzierte (Selbst)-Wahrnehmung der Hauptfigur. Dieses Motiv wird gnadenlos bis zum Exzess durchexerziert. „Ad Astra“ mutet an wie ein engagiertes Projekt, um Brad Pitt endlich einen Oscar als Bester Hauptdarsteller zu verschaffen, nachdem er bereits 2014 mit einem Oscar in der Kategorie Bester Film für „12 Years a Slave“ ausgezeichnet wurde. Und ja, Brad Pitt ist ein guter Schauspieler und er sieht sehr gut aus. Das haben wir jedoch schon in „Once Upon a Time in Hollywood“ gesehen. Es gibt in „Ad Astra“ sehr schöne und spektakuläre Szenen, sei es eine Primaten-Attacke in der Schwerelosigkeit oder eine spektakuläre Mond-Rover-Verfolgungsjagd.


© 2019 Twentieth Century Fox

Wo jedoch bei „2001“, „Interstellar“ oder „Gravity“ spektakuläre Schauwerte wichtig für die Handlung sind, diese vorantreiben und unterstützen, bleiben diese in „Ad Astra“ ohne Ziel und Richtung. Sie verpuffen in Bedeutungslosigkeit und führen ins erzählerische Nichts. Der Film ist das Psychogramm einer Vater-Sohn-Beziehung, getarnt als Sci-Fi. Das merkt man deutlich, es wirkt, als ob sich der Film nicht wirklich für die technischen und wissenschaftlichen Hintergründe interessiert. Das ist schade und auch ärgerlich, wenn man an so großartige Vorbilder wie „2001“, „Interstellar“ oder „Gravity“ denkt, die spannende Unterhaltung mit einem hohen wissenschaftlichen Standard verbunden haben. Natürlich gibt es auch nette Filmideen, etwa wenn der Regisseur sich mit der Zukunft der Raumfahrt auseinandersetzt. So etwa, wenn es um astronomische Preise für den Bordservice auf dem Flug zum Mond geht oder aber darum, dass einem auf der Mondoberfläche als erstes das unverkennbare Leuchtreklame-Logo der Familienrestaurant-Kette Applebee’s ins Auge sticht.

So sagt Roys anfängliche Begleiter Oberst Pruitt, gespielt von Donald Sutherland: „Die Menschen wollen soweit wie möglich von der Erde weg – und tun dann alles, damit es dort genauso aussieht, wie sie es von Zuhause gewohnt sind.“ Weit weniger originell und subtil ist der Film allerdings, wenn es um Metaphern und Bilder geht. Da reist der Titelheld an einen sehr weit entfernten Ort in unserem Sonnensystem um das Verhältnis mit seinem Vater zu klären, der einst Frau und Kind verlassen hat. Als Höhepunkt dieser küchenpsychologischen Betrachtungen gibt es schließlich eine symbolische Durchtrennung der Nabelschnur. „Ad Astra“ sieht gut aus, kann aber inhaltlich nicht mithalten. Vergleiche mit „2001“, „Gravity“, „Interstallar“ und „Apocalypse Now“ sind gewollt, jedoch kann der Film diesen Vergleichen nicht ansatzweise standhalten.

Regisseur James Grey schert sich wenig um technische Plausibilität und Logik und inszeniert stattdessen lieber ein maues Vater-Sohn-Drama. Der einzige Lichtblick in diesem Film ist die sehr eigenwillige Temposetzung, die der Film bis zu seinem Ende durchexerziert und ein gut aussehender Brad Pitt.


USA 2019 | Fox Deutschland | Start: 19. September 2019 (FSK 12)
R: James Gray | D: Brad Pitt, Tommy Lee Jones, Ruth Negga


 

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