Ein
Koffer mit Kleidung, zwei Bücher und ein Spielzeug ist alles, was
Anna und ihr Bruder Max einpacken dürfen, als sie nach der Wahl
1933 in die Schweiz emigrieren. Da fällt ihre Wahl auf den Bären,
der sonst so traurig wäre, anstatt des rosa Kaninchens, welches
dann in die Hände Hitlers fällt. Eine Geschichte des Niemals-Ankommens.
Im
Jahr 1933 gerät das Leben der kleinen Anna Kemper (Riva Krymalowski)
völlig aus den Fugen: Denn nach Hitlers Machtergreifung ist
ihr Vater Arthur (Oliver Masucci) gezwungen, das Land zu verlassen.
Der berühmte Theaterkritiker und erklärte Feind der Nationalsozialisten
beschließt, Berlin zu verlassen und in die Schweiz zu flüchten.
Seine Frau Dorothea (Carla Juri) sowie Anna und Sohn Max (Marinus
Hohmann) kommen nach. Doch es muss alles ganz schnell gehen, Zeit
zu packen bleibt kaum: Und so kommt es, dass Anna ausgerechnet ihr
rosa Stoffkaninchen zurücklassen muss. Doch auch in der Schweiz
haben es die Flüchtlinge nicht leicht, sodass die Kempers schon
bald weiterziehen. Über Paris geht es bis nach London, wo die
Familie endlich ankommen kann. Während Anna ihr geliebtes Stoffkaninchen
schmerzlich vermisst, ist sie dennoch davon überzeugt, dass
schon alles irgendwie gut gehen wird, solange ihre Familie zusammenhält…
Generationen von deutschen Schüler*innen
haben das Buch „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“
von Judith Kerr in der Schule gelesen und so etwas über die
Zeit des Nationalsozialismus und die Wirren dieser Zeit gelernt.
Man könnte meinen, dass diese Buchverfilmung Jahrzehnte zu
spät ins Kino kommt, aber gerade heute in Hinsicht auf die
Nationalen Bewegungen in nahezu allen europäischen Ländern
und der zunehmenden Verrohung des Tons in der öffentlichen
Debatte, kommt er gerade zur rechten Zeit.
Er
folgt einer jüdischen Familie, deren Vater Alfred Kemper (Oliver
Masucci) wegen seiner kritischen Haltung und Artikeln zu Hitler,
Repressalien befürchtet. Kurz vor der Wahl 1933 reist er in
die Schweiz, wohin auch bald seine Frau Dorothea (Carla Juri) und
die Kinder Max (Marinus Hohmann) und Anna (Riva Krymalowski) nachkommen.
Der Grund warum die Kempers überhaupt fliehen und nicht wie
viele andere im Berlin oder Deutschland der 30er Jahre verharren
ist wohl, dass es sich um eine rundheraus sehr gebildete Familie
handelt.
Der Vater ist Theaterkritiker und Journalist,
während die Mutter in der Musik ihre Erfüllung findet.
Diesen Umstand muss man bedenken, wenn man der Familie folgt, die
nach innen ein recht beschauliches Leben führen, während
das Außen sich für sie radikal verändert: Vom luxuriösen
Haus in Berlin, über ein Hotel in Zürich, eine Pension
in den Schweizer Alpen bis hin zu einer winzigen Dienstbotenwohnung
in Paris. All diese äußeren Umstände drücken
die Stimmung, die aber nie ganz kippt.
Das liegt zum einen an der konstanten Bemühung der Mutter sich
nichts anmerken zu lassen, aber auch dem unerschütterlichen
Glauben der ganzen Familie, dass alles gut wird, wenn man nur zusammenhält.
Gerade dieser Aspekt ist toll dargestellt. Aber auch kulturelle
Eigenarten, kommen nicht zu kurz. Oder wussten sie, dass man in
der Schweiz Dinge nach einer Person wirft, die man bewundert oder
mag?
In diesem Film wird trotz eines bitteren Untertons, den man auch
im Hinblick auf den Verlauf der Geschichte kennt, immer wieder mit
Witz reagiert. So essen die Kempers in jedem neuen Ort an den sie
kommen erst einmal, was die örtliche Küche hergibt, nämlich
stinkenden Käse. Auch als Anna mit ihrem Bruder und ihrer Mutter
im Zug nach Zürich sitzt, bemerkt sie, dass im Lexikon der
berühmten Menschen keiner eine leichte Kindheit gehabt hat.
Zu diesem Zeitpunkt und in der Erwartung bald nach Berlin zurückzukehren,
denkt sie noch laut, dass das dann wohl mit der Berühmtheit
nichts werde. Auch diese Aussage wird später im Film noch mehrmals
aufgegriffen. Das ist toll und hat einen wunderbar ironischen Ton,
der dieser schweren Kost die Leichtigkeit zurückgibt und den
erhobenen Zeigefinger einfach weglässt.
Ein
besonders schöner Aspekt ist das Zusammenspiel der Familie.
Sie gehen so selbstverständlich liebevoll miteinander um, dass
man ihnen die tiefe Zuneigung glaubt und obwohl man die Geschichte
kennt und weiß wie es ausgeht, fiebert man mit ihnen mit und
wünscht ihnen nur das allerbeste. Neben der wunderbaren Chemie
der Familie, sind aber auch die einzelnen Charaktere toll gespielt.
Vor allem Riva Krymalowski spielt toll. Sie bringt den Spagat zwischen
kindlicher Unschuld und einem Menschen, der sich nie irgendwo richtig
zu Hause und akzeptiert fühlt, auf die Leinwand. Wenn sie an
jedem Ort, den die Familie verlässt durch die Gassen und Wohnungen
läuft und alles verabschiedet, was sie an eine glückliche
Zeit erinnert, berührt es im Besonderen.
Insgesamt ist „Als Hitler das rosa
Kaninchen stahl“ dank wunderbarer Aufnahmen toll für
die große Leinwand geeignet, wie auch um ihn als seichten
Einstieg in die Thematik rund um das Jahr 1933 im Schulunterricht
zu zeigen. Die Geschichte orientiert sich stark am Buch und es gibt
deshalb nicht viel neues zu entdecken, doch ist es einfach ein herzlicher
Film, den man nicht so schnell vergisst.
Deutschland
2019 | Warner Bros. GmbH | Start: 25. Dezember
2019 (FSK 0) R: Caroline Link | D:
Riva Krymalowski, Oliver Masucci, Carla Juri