KINO
Asphaltgorillas
Ein neonlichtgetränkter Einblick in die Unterwelt
des rauen Berlins
In
Berlin darfst du sein wer du bist und in der Unterwelt Berlins bist
du Jemand oder Niemand. Gleich zu Anfang befindet sich die Hauptfigur
Atris lässig Zigarette rauchend auf den Straßen von Berlin
und seinem Voiceover nach zu urteilen, ist er nicht glücklich
mit seinem Leben.
Er
ist Drogendealer und Handlanger von El-Keitar. Hierbei bekommt er
ständig auf die Fresse und muss nebenher noch für die
Heiratsvermittlungsversuche seiner Familie gut aussehen. Ein schwieriges
Unterfangen. Atris ist keiner von den bösen Jungs. Keine Spur
von Bad-Boy-Image. Da fragt man sich, wie dieser Softie zu seinem
Job gekommen ist.
Die Antwort
hierauf ist möglicherweise seine nicht vorhandene Kindheit,
der Kiez oder der Einfluss von seinem Freund Franky aus Kinderzeiten.
Andere Kinder spielen Brettspiele im Kinderzimmer, Atris und Franky
spielen jedoch das Hütchen-Spiel auf der Straße - als
Einnahmequelle für ihr erstes Einkommen.
Jahre
später treffen die beiden wieder aufeinander. Es scheint, als
hätte Franky es geschafft. Er fährt mit einem Lamborghini
durch die Gegend und kleidet sich wie ein neureicher Snob. Das imponiert
Atris und er geht auf den Falschgeld-Deal von Franky ein. Franky
hat nämlich bei dem vietnamesischen Untergrund-Boss Duc Falschgeld
geordert. 200.000,00 € zahlen und dafür zwei Millionen
Blüten erhalten. Atris bekommt schließlich von Franky
5.000,00 € - unter der Bedingung in seinem Loft 200.000,00
€ der vietnamesischen Mafia auszuhändigen.
Doch
inwieweit kann man einem Freund aus der Vergangenheit vertrauen?
Schon
in den Anfangsszenen wird klar, dass Franky sich von seiner Freundin
Oxana aushalten lässt. Oxana hat nämlich einen reichen
Vater - Sergej. Dieser ist kein Unbekannter in Berlin. Der aufgebauschte
russische Akzent der beiden Figuren Oxana und Sergej schadet nicht
nur der Glaubwürdigkeit der beiden Charaktere, es werden hier
wie im weiteren Verlauf des Films Klischees bedient.
Frankys
Plan sieht vor, sich von Sergej 200.000,00 € zu sponsern -
für die eigene Wohnung mit Oxana. In Wahrheit dient das Geld
der Übergabe an Duc, um an die zwei Millionen zu gelangen.
Sergej willigt ein, denn für sein Töchterchen würde
er doch alles tun.
Doch
es kommt wie so oft anders als man denkt. Oxana und Sergej wollen
eigenständig in London auf Wohnungssuche gehen. Keine 200.000,00
€ für Franky. Dafür darf Franky aber auf Sergej ´s
Hund Platon aufpassen. Für Oxana haben die beiden nämlich
einen ähnlichen Stellenwert.
Die eigentliche
Liebesgeschichte dieses Films beginnt jedoch mit einer Szene, in
der die Ladendiebin Bettina vor Sicherheitsbeamten davon läuft.
Atris rettet Bettina, indem er sie in seinem Auto mitnimmt. Zwischen
den beiden Figuren erfährt der Zuschauer kein Knistern. Die
beiden Figuren funktionieren nicht miteinander. Atris ist wortkarg
und Bettina – die sich dann als Marie outet – kommt
zunächst geheimnisvoll rüber, doch nach einiger Zeit ist
die Ausdruckslosigkeit dieser Figur nur noch nichtssagend.
D
2018 | Constantin Film Verleih Start: 30. August 2018 Regie: Detlev Buck Darsteller: Samuel Schneider,
Ella Rumpf, Jannis Niewöhner
Marie
durchschaut Atris. Er ist Drogendealer, wohnt noch bei seiner Mama
und fürchtet seinen Boss El-Keitar. Außerdem erfährt
sie von dem Deal und schlägt Atris vor doch 20.000,00 €
von Franky zu nehmen. Diese könnten sie sich dann teilen und
mal eben nach Tokio fliegen. Atris kündigt also bei El-Keiter
und widmet sich Marie und dem Falschgeld-Deal zu. Nach knapp 24
Stunden mit Marie und einem Deal von über 5.000,00 €,
entscheidet sich Atris plötzlich gegen das dealen auf der Straße.
Diese Entscheidung ist nicht authentisch und wirkt eher lebensfremd.
Doch
der Deal hat sich zwischenzeitlich auch geändert. Franky braucht
einen neuen Plan und ruft beim verkorksten Ronny an. Das bedeutet
für Atris eine Planänderung. Ein Schlüssel zu einer
Garage in Kreuzberg kommt ins Spiel; dort sei das Geld. Er soll
die Mongolin - die für Duc arbeitet - mit dem Lambo dorthin
führen. Sergejs Hund frisst den Schlüssel und nach der
Verabreichung von Abführmittel muss der Lamborghini von Oxana
darunter leiden.
Ein goldener
Lambo soll nun herhalten. Unglücklicherweise ist dieser geklaut.
Der goldene Lambo gehört dem einflussreichen Rapper Kottiboss.
Kottiboss beschwert sich über diesen unschönen Umstand
bei El-Keitar, damit dieser für Abhilfe sorgt. Und somit übernimmt
El-Keitar alias Kida Khodr Ramadan wieder die Bösewicht-Rolle
in „Asphaltgorillas“. Ein gnadenloses Katz-und-Maus-Spiel
nimmt seinen Lauf: Verzwickte Vorfälle, dubiose Figuren, Lambo
hier und Lambo da und ein Rapper ohne Flow.
Der Deal
ist so einfach und so sinnlos zugleich. Der ein oder andere Zuschauer
wird sich fragen, weshalb Atris keine Fragen stellt. Zum Beispiel
weswegen Franky nicht selbst - der ja scheinbar in dem Loft wohnt
- das Geld der Mongolin übergibt. Atris stellt Franky also
keine Fragen und Marie bleibt weiterhin geheimnisvoll - oder auch
mit ihrer Persönlichkeit weg.
Ist
die Illoyalität bei Franky gegeben? Ist Bucks Genre-Mix bekömmlich?
Und die wichtigste Frage: Ist Asphaltgorillas sehenswert?
„Aspahltgorillas“
zieht sich mit seinen Faustkämpfen in Zeitlupe in die Länge.
Inmitten des Films nimmt die Tasche mit dem Falschgeld seine Reise
auf und die Zufälle überschlagen sich. Ein Durcheinander
auf den Straßen von Berlin ist die Folge. Wer in der Hauptfigur
Atris einen versteckten Helden sieht, der wird hier enttäuscht.
Die Story
bietet Spielraum für ausgeklügelte Ideen und Schachzüge,
einfallsreiche Dialoge und Bildmaterial. Leider werden bei „Asphaltgorillas“
solche Erwartungen nicht befriedigt. Die Looks sind cool und auf
die Charaktere angepasst, die Szenen mit dem Lamborghini eindrucksvoll.
Ein neonlichtgetränkter Einblick in die Unterwelt des rauen
Berlins.
„Asphaltsgorillas“
ist nicht komisch genug für Comedy und nicht dramatisch genug
für Drama. Die Stimmung des Films kippt immer wieder. Die schauspielerische
Leistung der Darsteller ist mäßig bis schlecht. Kein
Wunder, wenn statt Schauspielern Influencer mit Instagram-Followern
die Rollen übernehmen.
Die Hauptdarsteller
schauspielern konstant befriedigend, genauso, wie man es bei einem
solchen Film erwarten würde. Der Film erreicht nicht die Härte
die er erreichen könnte. Gerade aufgrund der skrupellosen Machenschaften
hätten die Kampfszenen mit weniger Slow Motion und besseren
Stunt Skills physischer einwirken können. Sehenswert ist „Aspahltgorillas“
daher leider nicht. Der Unterhaltungsfaktor setzt hin und wieder
an und wird in den nächsten Minuten wieder abgeschwächt.
Der Zuschauer wartet vergeblich auf den Aha-Moment oder den großen
Knall.
„Asphaltsgorillas“
wird seine Zuschauer finden – die Optik des Films lässt
auf mehr hoffen, doch allzu viel sollte man nicht erwarten.