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Startseite > Film > Kino | 29.08.2018

KINO
Asphaltgorillas
Ein neonlichtgetränkter Einblick in die Unterwelt des rauen Berlins

In Berlin darfst du sein wer du bist und in der Unterwelt Berlins bist du Jemand oder Niemand. Gleich zu Anfang befindet sich die Hauptfigur Atris lässig Zigarette rauchend auf den Straßen von Berlin und seinem Voiceover nach zu urteilen, ist er nicht glücklich mit seinem Leben.

von Rozhan Hama Salih


© 2018 Constantin Film Verleih GmbH

Er ist Drogendealer und Handlanger von El-Keitar. Hierbei bekommt er ständig auf die Fresse und muss nebenher noch für die Heiratsvermittlungsversuche seiner Familie gut aussehen. Ein schwieriges Unterfangen. Atris ist keiner von den bösen Jungs. Keine Spur von Bad-Boy-Image. Da fragt man sich, wie dieser Softie zu seinem Job gekommen ist.

Die Antwort hierauf ist möglicherweise seine nicht vorhandene Kindheit, der Kiez oder der Einfluss von seinem Freund Franky aus Kinderzeiten. Andere Kinder spielen Brettspiele im Kinderzimmer, Atris und Franky spielen jedoch das Hütchen-Spiel auf der Straße - als Einnahmequelle für ihr erstes Einkommen.

Jahre später treffen die beiden wieder aufeinander. Es scheint, als hätte Franky es geschafft. Er fährt mit einem Lamborghini durch die Gegend und kleidet sich wie ein neureicher Snob. Das imponiert Atris und er geht auf den Falschgeld-Deal von Franky ein. Franky hat nämlich bei dem vietnamesischen Untergrund-Boss Duc Falschgeld geordert. 200.000,00 € zahlen und dafür zwei Millionen Blüten erhalten. Atris bekommt schließlich von Franky 5.000,00 € - unter der Bedingung in seinem Loft 200.000,00 € der vietnamesischen Mafia auszuhändigen.


© 2018 Constantin Film Verleih GmbH

Doch inwieweit kann man einem Freund aus der Vergangenheit vertrauen?

Schon in den Anfangsszenen wird klar, dass Franky sich von seiner Freundin Oxana aushalten lässt. Oxana hat nämlich einen reichen Vater - Sergej. Dieser ist kein Unbekannter in Berlin. Der aufgebauschte russische Akzent der beiden Figuren Oxana und Sergej schadet nicht nur der Glaubwürdigkeit der beiden Charaktere, es werden hier wie im weiteren Verlauf des Films Klischees bedient.

Frankys Plan sieht vor, sich von Sergej 200.000,00 € zu sponsern - für die eigene Wohnung mit Oxana. In Wahrheit dient das Geld der Übergabe an Duc, um an die zwei Millionen zu gelangen. Sergej willigt ein, denn für sein Töchterchen würde er doch alles tun.

Doch es kommt wie so oft anders als man denkt. Oxana und Sergej wollen eigenständig in London auf Wohnungssuche gehen. Keine 200.000,00 € für Franky. Dafür darf Franky aber auf Sergej ´s Hund Platon aufpassen. Für Oxana haben die beiden nämlich einen ähnlichen Stellenwert.


© 2018 Constantin Film Verleih GmbH

Die eigentliche Liebesgeschichte dieses Films beginnt jedoch mit einer Szene, in der die Ladendiebin Bettina vor Sicherheitsbeamten davon läuft. Atris rettet Bettina, indem er sie in seinem Auto mitnimmt. Zwischen den beiden Figuren erfährt der Zuschauer kein Knistern. Die beiden Figuren funktionieren nicht miteinander. Atris ist wortkarg und Bettina – die sich dann als Marie outet – kommt zunächst geheimnisvoll rüber, doch nach einiger Zeit ist die Ausdruckslosigkeit dieser Figur nur noch nichtssagend.


 
D 2018 | Constantin Film Verleih
Start: 30. August 2018
Regie: Detlev Buck
Darsteller: Samuel Schneider,
Ella Rumpf, Jannis Niewöhner


Marie durchschaut Atris. Er ist Drogendealer, wohnt noch bei seiner Mama und fürchtet seinen Boss El-Keitar. Außerdem erfährt sie von dem Deal und schlägt Atris vor doch 20.000,00 € von Franky zu nehmen. Diese könnten sie sich dann teilen und mal eben nach Tokio fliegen. Atris kündigt also bei El-Keiter und widmet sich Marie und dem Falschgeld-Deal zu. Nach knapp 24 Stunden mit Marie und einem Deal von über 5.000,00 €, entscheidet sich Atris plötzlich gegen das dealen auf der Straße. Diese Entscheidung ist nicht authentisch und wirkt eher lebensfremd.

Doch der Deal hat sich zwischenzeitlich auch geändert. Franky braucht einen neuen Plan und ruft beim verkorksten Ronny an. Das bedeutet für Atris eine Planänderung. Ein Schlüssel zu einer Garage in Kreuzberg kommt ins Spiel; dort sei das Geld. Er soll die Mongolin - die für Duc arbeitet - mit dem Lambo dorthin führen. Sergejs Hund frisst den Schlüssel und nach der Verabreichung von Abführmittel muss der Lamborghini von Oxana darunter leiden.


© 2018 Constantin Film Verleih GmbH


Ein goldener Lambo soll nun herhalten. Unglücklicherweise ist dieser geklaut. Der goldene Lambo gehört dem einflussreichen Rapper Kottiboss. Kottiboss beschwert sich über diesen unschönen Umstand bei El-Keitar, damit dieser für Abhilfe sorgt. Und somit übernimmt El-Keitar alias Kida Khodr Ramadan wieder die Bösewicht-Rolle in „Asphaltgorillas“. Ein gnadenloses Katz-und-Maus-Spiel nimmt seinen Lauf: Verzwickte Vorfälle, dubiose Figuren, Lambo hier und Lambo da und ein Rapper ohne Flow.

Der Deal ist so einfach und so sinnlos zugleich. Der ein oder andere Zuschauer wird sich fragen, weshalb Atris keine Fragen stellt. Zum Beispiel weswegen Franky nicht selbst - der ja scheinbar in dem Loft wohnt - das Geld der Mongolin übergibt. Atris stellt Franky also keine Fragen und Marie bleibt weiterhin geheimnisvoll - oder auch mit ihrer Persönlichkeit weg.


© 2018 Constantin Film Verleih GmbH

Ist die Illoyalität bei Franky gegeben? Ist Bucks Genre-Mix bekömmlich?
Und die wichtigste Frage: Ist Asphaltgorillas sehenswert?

„Aspahltgorillas“ zieht sich mit seinen Faustkämpfen in Zeitlupe in die Länge. Inmitten des Films nimmt die Tasche mit dem Falschgeld seine Reise auf und die Zufälle überschlagen sich. Ein Durcheinander auf den Straßen von Berlin ist die Folge. Wer in der Hauptfigur Atris einen versteckten Helden sieht, der wird hier enttäuscht.

Die Story bietet Spielraum für ausgeklügelte Ideen und Schachzüge, einfallsreiche Dialoge und Bildmaterial. Leider werden bei „Asphaltgorillas“ solche Erwartungen nicht befriedigt. Die Looks sind cool und auf die Charaktere angepasst, die Szenen mit dem Lamborghini eindrucksvoll. Ein neonlichtgetränkter Einblick in die Unterwelt des rauen Berlins.


© 2018 Constantin Film Verleih GmbH

„Asphaltsgorillas“ ist nicht komisch genug für Comedy und nicht dramatisch genug für Drama. Die Stimmung des Films kippt immer wieder. Die schauspielerische Leistung der Darsteller ist mäßig bis schlecht. Kein Wunder, wenn statt Schauspielern Influencer mit Instagram-Followern die Rollen übernehmen.

Die Hauptdarsteller schauspielern konstant befriedigend, genauso, wie man es bei einem solchen Film erwarten würde. Der Film erreicht nicht die Härte die er erreichen könnte. Gerade aufgrund der skrupellosen Machenschaften hätten die Kampfszenen mit weniger Slow Motion und besseren Stunt Skills physischer einwirken können. Sehenswert ist „Aspahltgorillas“ daher leider nicht. Der Unterhaltungsfaktor setzt hin und wieder an und wird in den nächsten Minuten wieder abgeschwächt. Der Zuschauer wartet vergeblich auf den Aha-Moment oder den großen Knall.

„Asphaltsgorillas“ wird seine Zuschauer finden – die Optik des Films lässt auf mehr hoffen, doch allzu viel sollte man nicht erwarten.



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