FILM

Startseite > Film > Kino | 05.12.2018

KINO
CLIMAX

Eine Tanzgruppe quartiert sich für Proben in einem abgelegenen Übungszentrum ein. Bei der Abschlussparty mischt ein Unbekannter Drogen in die Sangría und verursacht damit einen kollektiven Höllentrip. Aus Angst wird Paranoia, aus unterschwelliger Aggression offene Gewalt, aus Zuneigung unkontrollierte Begierde.

von Richard-Heinrich Tarenz


© Alamode Film

Eine Tanzgruppe aus 21 jungen Tänzern quartiert sich in einem abgelegenen Übungszentrum ein, um sich auf eine anstehende Tournee vorzubereiten. Am Abend bevor es endlich losgeht, feiern die jungen Tänzer und Tänzerinnen eine rauschende Party, sie wollen sich besser kennenlernen und bei Sangria und elektronischer Musik zusammen feiern. Doch dann macht Selva (Sofia Boutella) eine unglaubliche Entdeckung: Ein Unbekannter hat sie unbemerkt unter Drogen gesetzt – als sich die Wirkung zu entfalten beginnt, mutiert die Nacht zum wahren Höllentrip: Panik macht sich unter den jungen Künstlern breit, unterschwellige Abneigung eskaliert in plötzlichen Gewaltausbrüchen und aus harmloser Zuneigung wird gefährliche Begierde. Bis zum Morgengrauen dauert der Trip an, als endlich die Polizei eintrifft und sich das ganze Ausmaß der Eskalation offenbart…

Der argentinische Regisseur, Drehbuchautor, Kameramann und Filmproduzent Gaspar Noé ist bekannt für Skandale und Provokationen. Zugleich steht er aber auch für neue experimentelle Wege, wenn es darum geht, neue narrative Wege im Bereich des Spielfilms zu gehen. Man denke nur an Filme wie „Irreversible“ und „Enter the Void“, die dem Zuschauer einiges abverlangen und bis an die Grenze des Erträglichen gehen. So auch in seinem neuen Film „Climax“, der den Zuschauer auf eine exzessive Reise in die Abgründe der menschlichen Seele nimmt. Nicht ohne Grund steht in diesem Film eine Gruppe von Tänzern im Mittelpunkt der 95-minütigen Handlung. So frei wie das tanzen die Menschen macht und befreit von irdischen Zwängen, so sehr „befreien“ die Drogen die Tänzer und treiben das tänzerische Potential auf die Spitze und lassen es zugleich umschlagen in eine Welt frei von Zwängen und Konventionen. Ein Albtraum aus wilden Begierden und Gewalt ist die Folge.

Der Film zeigt auf eine hypnotische Art und Weise, wie dünn die Kruste der Zivilisation doch ist, unter welcher der triebgesteuerte Mensch lauert, für den nur Sex und Gewalt die allesbestimmenden Faktoren sind. „Climax“ ist jedoch viel mehr als ein Film über eine Gruppe von Tänzerinnen und Tänzern, die einem fatalen Drogenrausch zum Opfer fallen. Der Film, der in knapp zwei Wochen gedreht wurde, ist eine cineastische Grenzerfahrung, ein wilder Trip für Augen und Ohren und zugleich ein Sammelsurium von cineastischen und gesellschaftlichen Verweisen, die sich wie ein roter Faden durch den Film ziehen.


© Alamode Film

Während der Film größtenteils in einer geschlossenen Räumlichkeit spielt und sich das klaustrophobische Erlebnis für den Zuschauer immer mehr steigert, startet der Film mit ästhetisch wunderschönen Bildern einer Frau, die im Schnee stirbt, unterlegt mit einer Musik, die man so schnell nicht vergisst. Es folgen Bewerbungsvideos der Tänzerinnen und Tänzer, wiedergegeben auf antiquierten Videokassetten. Dabei sprechen sie über ihre Träume, Ängste und Wünsche. Im Hintergrund sind Bücher von Nietzsche zu sehen und „Ein andalusischer Hund“. Damit gibt der Film die Richtung vor. Wir nähern uns der absurden Existenz des Menschen mit all seinen Höhen und Tiefen. „Climax“ wirkt auf den Zuschauer wie ein Drogentrip. Zu Beginn gibt es eine lange Tanzsequenz, die an einem Stück gedreht wurde. Die Szene ist atemberaubend und saugt den Zuschauer in den Film.

Die Darsteller in diesem Film sind auch im realen Leben Tänzer, was die Tanzszenen noch faszinierender macht. Die musikalische Untermalung bietet das Lied „Supernatural“ von Cerrone. Diese Tanzszene, die sich in einen wahren kreativen Rausch steigert, ist das Vorspiel für die eigentliche Handlung. Im Vergleich zu seinen Vorgängerfilmen spielt Sex nur eine sehr untergeordnete Rolle in „Climax“. Es geht um die ganz großen Themen der menschlichen Existenz: Geburt, Leben und Tod. „Die Geburt ist eine einzigartige Möglichkeit“ – „Das Leben ist eine kollektive Unmöglichkeit“ – „Der Tod ist eine ungewöhnliche Erfahrung“. So lauten die drei Thesen des Films, die zu Beginn, in der Mitte und am Ende des Films eingeblendet werden. Gaspar Noé wirft diese Thesen in den Raum und überlässt es den Zuschauerinnen und Zuschauern, zusammen mit dem Film, sich eine eigene Meinung zu bilden.

In Sachen Inszenierung gehen Noé und sein Stammkameramann Benoît Debie („Spring Breakers“) innovative Wege, die für den Betrachter hypnotisch, schockierend und nervenaufreibend sind. Mal steht die Kamera auf dem Kopf, mal scheint sie schwerelos durch den Raum zu fliegen. Genau wie das Verhalten der Tänzer unter Drogeneinfluss grenzenlos ist, so ist es auch die Kamera. Der heimliche Star des Films ist der gelungene Soundtrack aus elektronischer Tanzmusik, der das verstörende Geschehen auf der Leinwand verstärkt und vorantreibt. „Climax“ ist verstörend und faszinierend, wunderschön und grässlich. Der Film ist ein 95-minütiger experimenteller cineastischer Rausch, der sich gängigen Genre-Schubladen bewusst entzieht und die großen Themen der menschlichen Existenz sehr eigenwillig aufgreift und bearbeitet.


Frankreich 2018 | Alamode Film | Start: 06. Dezember 2018 (FSK 16)
Regie: Gaspar Noé |
D: Sofia Boutella, Romain Guillermic, Souheila Yacoub


Großes Gewinnspiel

Zum Kinostart verlosen wir:
5 x 2 Freikarten

Teilnahme ab 18 Jahre. Einsendeschluss ist der 07.12.2018. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Zur Teilnahme am Gewinnspiel bitte eine EMail an wildgewinnspiel@gmail.com senden.
Darin bitte folgende Punkte aufführen: Vorname, Nachname, E-Mail, Anschrift
(Straße, Hausnummer, Postleitzahl, Stadt), Betreff: Betreff: Climax

Mit der Teilnahme an diesem Gewinnspiel bestätigt der Teilnehmer / die Teilnehmerin,
dass er/sie die AGB gelesen und akzeptiert hat.


AGB | IMPRESSUM