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Startseite > Film > Kino | 18.04.2019

KINO
Der Fall Collini

Anwalt Caspar Leinen gerät über eine Pflichtverteidigung an einen spektakulären
Fall: Über 30 Jahre lang hat der 70-jährige Italiener Fabrizio Collini unbescholten
in Deutschland gearbeitet und dann tötet er anscheinend grundlos den angesehenen
Großindustriellen Hans Meyer in dessen Berliner Hotelsuite.

von Richard-Heinrich Tarenz


© 2019 Constantin Film Verleih GmbH

Der angesehene Industrielle Hans Meyer (Manfred Zapatka) wird in seiner Berliner Hotelsuite ermordet – scheinbar ohne jedes Motiv. Kurz darauf stellt sich der 70-jährige, mittlerweile pensionierte Gastarbeiter Fabrizio Collini (Franco Nero) als Täter der Polizei. 30 Jahre lebt der Italiener mittlerweile in Deutschland und führte ein unauffälliges Leben und nun soll er anscheinend grundlos Hans Meyer umgebracht haben? Der junge und noch unerfahrene Rechtsanwalt Caspar Leinen (Elyas M’Barek) wird als sein Pflichtverteidiger bestellt. Er überlegt erst abzulehnen, denn er kannte den Toten. Dessen Enkelin Johanna (Alexandra Maria Lara) war seine Jugendliebe und Meyer war wie ein Ersatzvater für ihn. Doch obwohl alles gegen Leinen als Verteidiger spricht und er es mit dem legendären Strafverteidiger Professor Richard Mattinger (Heiner Lauterbach) aufnehmen muss, nimmt er den Fall an. Als es zu einer mehrtägigen Unterbrechung kommt, macht Leinen aber plötzlich durch Zufall eine Entdeckung und stößt damit auf einen der größten Justizskandale der deutschen Geschichte...

„Der Fall Collini“ basiert auf dem gleichnamigen Bestseller von Ferdinand von Schirach. Der Film von Regisseur Marco Kreuzpaintner („Beat“) wird der literarischen Vorlage gerecht und erweist sich als spannender Gerichts-Thriller mit einer rundum guten Besetzung, angeführt von Elyas M’Barek („Fack Ju Göhte“), der in diesem Film seine beste Drama-Leistung bislang zeigt. Auch wenn der Film einige Zeit braucht um Fahrt aufzunehmen, ist das Finale umso rasanter und emotionaler. „Der Fall Collini“ ist ein Film, der für viel Gesprächsstoff sorgen wird. Die Bücher von Ferdinand von Schirach haben stets juristische Themen zum Inhalt. Die Stärke des Autors ist der Umstand, diese an sich eher drögen Themen spannend zu verpacken. Diese Hürde nimmt der Film mit einer gewissen Leichtigkeit, die ihn von vielen anderen deutschen Filmen der letzten Jahre abhebt. Das liegt zum einen an den großartigen Schauspielerinnen und Schauspielern, aber auch an der Optik des Films. „Der Fall Collini“ sieht einfach grandios aus und kommt sehr elegant daher. Die Arbeit von Kameramann Jakub Bejnarowicz („Gnade“) genügt internationalen Sehgewohnheiten und Standards.


© 2019 Constantin Film Verleih GmbH

Das Spiel mit den drei verschiedenen Zeitebenen und den zahlreichen Rückblenden löst der Film sehr souverän. Wenn es im letzten Drittel so richtig zur Sache geht, wird der Zuschauer gezwungen emotional Stellung zu beziehen. Das ist so beabsichtigt und sorgt durch den Umstand, dass wir es mit Selbstjustiz zu tun haben, für jede Menge Emotionen auf und vor der Leinwand. Elyas M’Barek überzeugt in seiner Rolle als engagierter und pflichtbewusster Junganwalt. Im Film hat der Anwalt türkische Wurzeln, was im Buch so nicht vorkommt. Die Szenen, wo diese Herkunft thematisiert wird, wirken jedoch sehr angestrengt und bemüht. Das ist der Handlung nicht wirklich dienlich und wirkt künstlich. Ebenso ist die Darstellung der deutschen Soldaten im Zweiten Weltkrieg sehr klischeehaft und holzschnittartig. Das ist insofern schade, weil der Film diese groben Methoden gar nicht nötig hat. An anderen Stellen vermeidet der Film bewusst klischeehafte Darstellungen. Etwa bei Heiner Lauterbach („Willkommen bei den Hartmanns“), der als Gegenspieler Leinens zu jedem Zeitpunkt menschlich bleibt. „Der Fall Collini“ ist hochwertiges Kino aus Deutschland mit tollen Darstellern und einer spannenden Handlung.


D 2019 | Constantin Film Verleih | Start: 18. April 2019 (FSK 0)
Regie: Marco Kreuzpaintner | Darsteller: Elyas M'Barek, Alexandra Maria Lara, Heiner Lauterbach


 

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