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Startseite > Film > Kino | 04.03.2020

KINO
Die Känguru-Chroniken

Man nehme einen antriebslosen Berliner Kleinkünstler, ein kommunistisches Känguru und einen Bauunternehmer, der ins Herz von Berlin seinen eigenen Dwix-Tower setzen will und man bekommt eine Geschichte mit jeder Menge Sprengstoff (im wahrsten Sinne des Wortes!).

von Eve Pohl


© X Filme, X Verleih

Marc-Uwe, ein unterambitionierter Kleinkünstler mit Migräne-Hintergrund, lebt mit einem Känguru zusammen. Doch die ganz normale Kreuzberger WG ist in Gefahr: Ein rechtspopulistischer Immobilienhai bedroht mit einem gigantischen Bauprojekt die Idylle des Kiezes. Das findet das Känguru gar nicht gut. Ach ja! Es ist nämlich Kommunist – das hatte ich vergessen zu erzählen. Jedenfalls entwickelt es einen genialen Plan. Und dann noch einen, weil Marc-Uwe den ersten nicht verstanden hat. Und noch einen dritten, weil der zweite nicht funktioniert hat. Schließlich gipfelt das Ganze in einem großen Anti-Terror-Anschlag und … äh… weiß auch nicht mehr so genau.

Wo genau die Geschichte beginnen soll, da sind sich weder das Känguru noch Marc-Uwe ganz einig, deswegen beginnen sie genau an dem Punkt, an welchem das Känguru zum ersten Mal bei Marc-Uwe auftaucht. Genau wie im Buch klingelt es eines Tages an der Tür und möchte sich Eier ausleihen. Es sei gerade eingezogen und habe deswegen noch nichts im Haus. Dass es bei den geliehenen Eiern nicht bleibt, weiß man spätestens, wenn man ein einziges Kapitel im gleichnamigen Buch „Die Känguru Chroniken“ von Marc-Uwe Kling gelesen hat. Soweit so gut und so nah eben auch an der Vorlage.

Das bleibt im restlichen Film nicht so. Vielmehr sieht sich das ungleiche Paar den Bestrebungen des Immobilienhais Jörg Dwix gegenüber, der das Kreuzberger Kiez mit all seinen alternativen Bewohnern am liebsten dem Boden gleichmachen und an diese Stelle einen schicken Wolkenkratzer aus Glas, Stahl und Beton hinsetzen würde. In der Vorlage hat man einfach zufällig aneinander gereihte Erzählungen, die teilweise zusammenhängen, oft aber auch nicht. Vielmehr thematisiert jede Geschichte, jeder Gedanke und jeder rhetorische Schlagabtausch etwas über ihre Wohngemeinschaft und ihre Freundschaft und das reicht auch, es muss keinen größeren Spannungsbogen geben.


© X Filme, X Verleih

In dem Film ist das anders. Hier hat man zwanghaft versucht die Protagonisten zu Helden der Gegen-Gentrifizierung zu stilisieren. Leider geht dabei viel Wortwitz und Lässigkeit verloren, genauso wie Szenen, die einfach nichts zur Handlung beitragen, sodass alles ins Korsett eines Dreiakters passt. Dabei ist gerade die Intellektuelle Verklatschtheit und viel Gedankenprosa so toll an den Büchern von Marc-Uwe Kling. Nur dass sich Gedanken verdammt schwer auf die Kinoleinwand bannen lassen. Das Känguru sieht echt gut aus, da hat man sich wirklich nicht lumpen lassen. Die Animation bekommt ein Sternchen, das jedoch gleich wieder verloren geht. Und zwar jedes Mal, wenn man die saudummen und echt völlig überzeichnet dargestellte Nazischlägertruppe sieht.

Das in Kombination mit Jörg Dwix, der teilweise so Orange ausschaut wie Donald Trump, lässt einen daran zweifeln, ob da wirklich Marc-Uwe Kling das Drehbuch geschrieben hat. Es beweist nur, dass ein sehr gutes (und saukomisches!) Buch leider noch lange keinen guten Film macht. Da hätte man sich ja schon eher einen Film mit einem gemäßigt sozialdemokratischen Koalabären gewünscht, der wäre zumindest extrem niedlich gewesen. Fans werden auf ihre Kosten kommen, kann man doch die ein oder andere Szene mitsprechen und freut sich, dass sie es in den Film geschafft hat. Für alle anderen ist es eine Parade von bescheuerten Witzen auf Furzkissen-Niveau und einer klischeehaften Handlung ohne interessante Wendung. Insgesamt nicht besonders sehenswert.


Deutschland 2020 | X Verleih | : 05. März 2020 (FSK 0)
R: Dani Levy | D: Dimitrij Schaad, Rosalie Thomass, Adnan Maral, Henry Hübchen


 

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