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KINO
Eine moralische Entscheidung

Dr. Nariman muss auf der Straße ausweichen und touchiert ein Motorrad, auf dem Moosa mit seiner Familie unterwegs ist. Der Arzt versucht, das alles ohne Polizei zu klären, bietet dem Mann Geld an und will die Familie auch ins Krankenhaus bringen. Doch letzteres lehnt das Moosa ab.

von Richard-Heinrich Tarenz


© Noori Pictures

Als Kaveh Nariman bei einem nächtlichen Verkehrsunfall in Teheran ein Motorrad mit einer vierköpfigen Familie rammt, wird dabei der achtjährige Amir leicht am Kopf verletzt. Nariman, der als Gerichtsmediziner arbeitet, möchte sichergehen, das es dem Jungen gut geht. Er drängt Amirs Vater Moosa, seinen verletzten Sohn direkt ins Krankenhaus zu bringen, bietet ihm sogar Geld als Entschädigung für alle Unkosten an, das dieser widerstrebend annimmt. Am nächsten Tag wird der Junge in Narimans Klinik zur Autopsie eingeliefert, er ist tot. Dr. Nariman glaubt, dafür die Schuld zu tragen. Vorerst spricht er mit niemandem über sein Geheimnis. Seine ihm nahestehende Kollegin Dr. Sayeh Behbahani dagegen diagnostiziert eine Lebensmittelvergiftung als Ursache. Ist also doch Amirs Vater verantwortlich, der seinem Sohn verdorbenes Fleisch zu essen gab? In ihrer wütenden Trauer macht Leila ihrem Mann Moosa schwere Vorwürfe. Während Nariman fieberhaft versucht, die Wahrheit herauszufinden, sinnt Moosa auf Rache an den aus seiner Sicht Verantwortlichen…


© Noori Pictures

„Eine moralische Entscheidung“ ist der zweite Spielfilm des iranischen Regisseurs Vahid Jalilvand, der mit diesem Drama ein schwermütiges Charakterspiel abliefert, dass mit tollen schauspielerischen Leistungen aufwartet. Es ist eine dunkle Fabel über Schuld und Sühne, die nicht mit eindeutigen moralischen Botschaften aufwartet und beim Zuschauer ein dumpfes Gefühl der Leere erzeugt. In der von Vahid Jalilvand Fabel existieren Gut und Böse nicht wirklich. Es sind die moralischen Grauzonen, die der Film erkundet. Es ist eine chaotische Welt, in der jede Aktion unabsehbare Folgen nach sich zieht.

Die Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit erweist sich als Sisyphus-Aufgabe, die immer nur um sich selbst und die Beteiligten kreist. Auf ihrer Suche entblößen die Beteiligten ihr Privatleben. „Eine moralische Entscheidung“ ist kein politischer Film, wie man vielleicht vermuten würde, sondern beschreibt minutiös und bisweilen sehr schmerzhaft die persönlichen Sorgen und Nöte der Menschen. Es geht um traditionelle Rollenbilder in einer Gesellschaft, die einem starken sozialen Wandel unterliegt. Sie wirken wie Schatten einer längst vergangenen Zeit, ohne dass die Beteiligten das schon wissen.


IRN 2017 | Farbfilm | Start: 20. Juni 2019 (FSK 12)
R: Vahid Jalilvand | D: Navid Mohammadzadeh, Amir Aghaee, Zakieh Behbahani


 

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