Halla
ist Chorleiterin, eine unabhängige und warmherzige, eher in sich
gekehrte Frau. Doch hinter der Fassade einer gemächlichen Routine
führt sie ein Doppelleben als leidenschaftliche Umweltaktivistin.
Halla
(Halldóra Geirharðsdóttir) ist scheinbar eine
gutherzige Frau, die abgesehen von ihrem Beruf als Chorleiterin
zumeist für sich bleibt, doch die 50-Jährige führt
ein Doppelleben: In ihrer Freizeit engagiert sie sich unter dem
Decknamen „The Woman of the Mountain“ als Umweltaktivistin
und hat insbesondere der Schwerindustrie in Island den Krieg erklärt.
Mit Vandalismus und schließlich sogar Industriesabotage bekämpft
sie die Aluminiumhersteller in ihrem Land und kann so tatsächlich
die Verhandlungen zwischen der isländischen Regierung und einem
großen Investor zum Erliegen bringen. Doch dann tritt eine
Waise in ihr einsames Leben, als ihr fast schon vergessener Adoptionsantrag
auf einmal bewilligt wird. Parallel dazu plant Halla noch eine letzte
Aktion, um ihre Heimat zu retten...
Der
isländische Regisseur Benedikt Erlingsson präsentiert
mit seinem zweiten abendfüllenden Spielfilm nach „Von
Menschen und Pferden“ ein packendes Drama, das nicht nur spannend
ist, sondern auch für unterhaltsame und komödiantische
Momente sorgt. Das liegt in erster Linie an Halldora Geirhardsdottir.
Die isländische Schauspielerin spielt ihre Rolle mit viel hintergründigem
Charme und Witz und zieht das Publikum schnell in ihren Bann. Sie
verkörpert sehr schön die ganze Widersprüchlichkeit
der modernen Gesellschaft, welche die Vorzüge der Konsumgesellschaft
zu schätzen weiß, zugleich aber die drohende Apokalypse
spürt, die am Horizont aufzieht. Es geht um Nachhaltigkeit
und den verantwortungsbewussten Umgang mit Ressourcen, damit auch
die uns folgenden Generationen auf diesem Planeten leben können.
Geirhardsdottir,
1968 geboren, ist nicht nur Schauspielerin, sondern brilliert auch
als Musikerin und Theaterregisseurin. Sie arbeitet erfolgreich für
Film und Fernsehen und wurde in der Vergangenheit bekannt durch
ihre Rollen in dem TV-Krimidrama „Case“ (2015), Ragnar
Bragasons „Metalhead“ (2013) und eben „Von Pferden
und Menschen“ (2013). Man spürt dem Film an, dass hier
ein eingespieltes Ensemble vor die Kamera tritt. Das tut dem Film
sehr gut. Es ist die Stärke von Benedikt Erlingsson, die Eigenheiten
der von ihm dargestellten Personen mit viel Liebe für das Detail
darzustellen. So auch in „Gegen den Strom“. Dabei denunziert
er seine Protagonisten nicht, sondern beobachtet sie und macht sie
zu Helden des Alltags, die einen scheinbar aussichtlosen Kampf gegen
übermächtige Gegner führen. Es sind eben jene Menschen,
die den Kampf für ihre Überzeugungen aufnehmen und dabei
gelegentlich auch etwas skurril wirken. Der Film ist sehr politisch
und zugleich sehr menschlich. Er ergreift keine Partei, aber positioniert
sich moralisch eindeutig.
Die
Handlung ist nüchtern dargestellt und in Szene gesetzt und
gerade deswegen bisweilen sehr lustig und unterhaltsam. Der Regisseur
versteht es sehr gut, die Spannung über die gesamte Spielzeit
von 104 Minuten aufrecht zu erhalten. Eine punktuelle Überzeichnung
der Figuren sorgt für einen gelegentlich surrealen Moment,
der einen schönen Kontrapunkt gegenüber dem ernsten politischen
Thema bildet. Ein besonderer Pluspunkt ist die mehr als gelungene
Filmmusik. Die Musiker durchbrechen des Öfteren die Vierte
Wand und werden unmittelbar Teil der Szenerie, was verwirrend und
ungemein unterhaltsam ist. Dann stehen die Musiker auch mal in der
wilden isländischen Umgebung oder im Wohnzimmer von Halla und
werden Teil des Geschehens. Dieser Kunstgriff passt gut in diesen
Film und fühlt sich stets sehr natürlich an. „Gegen
den Strom“ ist gelungene Kinounterhaltung, garniert mit einer
sehr ernsten politischen Botschaft, die alle Menschen angeht.
Island,
Frankreich, Ukraine 2018 | Pandora Filmverleih | Start:
13. Dezember 2018 (FSK 6) Regie: Benedikt Erlingsson | D:
Halldora Geirhardsdottir, Jóhann Sigurðarson, Juan
Camillo Roman Estrada