Die
32-jährige Petrunya hat Geschichte studiert und lebt bei ihren
Eltern in einer Kleinstadt in Nordmazedonien. Als Petrunya nach einem
Bewerbungsgespräch zu hören bekommen, dass sie mit ihrem akademischen
Abschluss nicht einmal als Näherin tauge und außerdem zu
alt und hässlich sei, platzt ihr der Kragen.
In
einem kleinen Ort im Norden von Mazedonien wirft der Hohepriester
traditionell jeden Januar am Dreikönigstag ein gesegnetes Kreuz
in das örtliche Gewässer, während sich gleichzeitig
Hunderte Männer auf den Weg machen, um es wiederzufinden. Derjenige,
der das Kreuz findet, soll ein Leben lang Glück und Wohlstand
erlangen. Die arbeitslose Petrunya (Zorica Nusheva) ist Anfang 30
und studierte Wissenschaftlerin für Geschichte, das braucht
in Mazedonien eigentlich keiner. Sie springt ins Wasser und findet
das Kreuz. In diesem konservativen Umfeld haben ihre Konkurrenten
das Recht, wütend zu sein: Eine Frau hat es gewagt zu konkurrieren
und zu erreichen, was die Männer zu erreichen versuchen. Das
Ganze weitet sich im Ort zu einem waschechten Skandal aus. Aber
Petrunya besteht darauf, dass sie die Gewinnerin ist, und weigert
sich, das Kreuz zurückzugeben…
„Gott
existiert, ihr Name ist Petrunya“ von Regisseurin und Drehbuchautorin
Teona Strugar Mitevska („The Woman who brushed off her tears“)
eine kleine böse Komödie, die mit dramatischen Akzenten
mit überkommenen Männlichkeitsidealen abrechnet und dem
Patriarchat den schmerzhaften Spiegel vorhält. Zugleich ist
der Berlinale-Wettbewerbsbeitrag ein gelungenes Sittenporträt
einer Gesellschaft im Wandel, die noch immer mit den Schatten der
Vergangenheit zu kämpfen hat. Der Film legt Hand an jahrhundertalte
religiöse und patriarchale Strukturen und geht dabei nicht
gerade intellektuell subtil vor. Was übrig bleibt ist eine
Gesellschaft, wo religiöse Bräuche schon längst sinnentleert
sind und als Ausrede für ein Saufgelage und Männlichkeitsrituale
herhalten müssen.
Doch
ist diese Verhaltensweise nur ein weiteres Symptom für die
Suche nach Sinn in unserer modernen, individualistischen Gesellschaft,
wo man alles machen kann, aber wenig einen Sinn ergibt. Hinzu kommt
eine tiefe Sinnentleerung nach Jahrzehnten des Kommunismus in den
Ländern des ehemaligen Jugoslawiens. All diese Themen greift
der Film auf uns präsentiert sie dem erstaunten Zuschauer.
Im Mittelpunkt steht eine wundervoll agierende Zorica Nusheva, die
den Film souverän auf ihren schauspielerischen Schultern trägt.
Sie ist keineswegs die klassische Heldin und agiert genau wie die
anderen Figuren „Gott existiert, ihr Name ist Petrunya“
mehrdeutig. Am Ende steht demnach auch kein Sieg, keine Revolution,
sondern vielmehr feiert eine Frau einen bedeutenden Sieg für
sich selbst. Auch wenn es niemand mitbekommt, außer dem Kinopublikum.
Aber starten so nicht alle großen Revolutionen?
Mazedonien,
Belgien, Frankreich 2019 | jip film & verleih | Start:
14. November 2019 (FSK 12) R: Teona Strugar Mitevska | D:
Zorica Nusheva, Labina Mitevska, Simeon Moni Damevski