Keine
Eltern sollten ihre eigenen Kinder zu Grabe tragen müssen. Was,
wenn da jemand eine Möglichkeit gefunden hat, dass es nie wieder
passieren muss? Es ist ein Spagat zwischen einem Wunder und dem Gefühl
das Leben herabzuwürdigen, indem ein Leben nicht mehr einzigartig
ist.
Zwei
international orientierte Karrieremenschen, er Architekt, sie Biologin,
waren einmal ein Paar und haben ein gemeinsames Kind. Sie teilen
sich das Sorgerecht und haben permanent darüber Streit, wer
sich kümmert oder eben nicht genug kümmert. Das Kind bekommt
Fieber und muss aufgrund einer Schwellung im Gehirn ins Krankenhaus.
Nach langem Ringen stirbt sie schließlich und die Eltern gehen
sehr unterschiedlich damit um. Während er versucht sich damit
abzufinden, ist sie nicht bereit die Tochter aufzugeben und sucht
nach einer Möglichkeit sie zu klonen…
Dieser Film hat ein eklatantes Problem damit
wie er seine Prioritäten setzt. Die erste Hälfte des Filmes
verbringt man damit den beiden Hauptfiguren zu folgen, die nicht
wirklich sympathisch sind. Er hat ein Problem seine Aggressivität
zu kontrollieren, sie ist besessen von Karrierechancen. Beide sind
krampfhaft in ihren Absprachen und können nicht wirklich miteinander
reden, sondern lediglich über einen Anwalt kommunizieren. Jede
kleinste Abweichung vom ursprünglichen Plan, sei es ein Geschäftstermin
oder der Schnupfen der gemeinsamen Tochter, wird zum Anlass genommen
um sich gegenseitig zu verletzen. Was das soll, weiß man auch
nach über dreißig Minuten nicht.
Nachdem
Zoe, die Tochter, aufgrund einer Hirnschwellung ins Krankenhaus
eingeliefert wird, verschlechtert sich ihr Zustand zunehmend. Ihre
Eltern trauern, toben und hadern mit dem Schicksal, aber selbst
in dieser Extremsituation geben sie einander die Schuld, auch als
herauskommt, dass keiner der beiden tatsächlich verantwortlich
ist. Die allermeisten Menschen würde in einer Situation in
der die Tochter tödlich krank ist, sich annähern, oder
irgendeine Art von menschlicher Wärme zeigen. Die beiden hingegen
wirken kalt, obwohl Tränen der Verzweiflung fließen.
Und im Endeffekt kommt es einem vor, als hätte man es eher
mit Robotern als mit echten Menschen zu tun. Es hilft dem Film nicht,
dass genau diese beiden Figuren unglaubwürdig wirken und nicht
wie die liebenden Eltern, die sie wohl sein sollen.
Mit der Vorgeschichte und dem Bangen um das
Leben der Tochter sind bereits zwei Drittel des Filmes vergangen,
bis man endlich zum wirklich interessanten Part und zur eigentlichen
Frage kommt: Wie stehen wir als Menschheit eigentlich zum Klonen?
Die Mutter reist nach Russland, wo sie Versuche unternehmen möchte
um die Tochter zu klonen.
Man
kommt als Zuschauerin ins Grübeln, was man selbst in einer
solch tragischen Situation machen würde. Würde es vielleicht
auch vielen Menschen das Leben retten, gerade wenn es um Organe
geht, die nicht im ausreichenden Maße gespendet werden. Oder
überschreitet es eine Grenze, die man niemals überschreiten
sollte? Wird das Leben so zur Ware, welches man nach Belieben „nachproduzieren“
kann? All das sind Fragen, die mit diesem Film gestellt werden.
Er ist nicht belehrend, vielmehr kann man selber darüber nachdenken
und das macht der Film wirklich gut. Es ist nämlich keinesfalls
so, dass diese Frage hier irgendwie beantwortet wird.
Die Schauspielleistung ist gut, da gibt es
nichts zu beanstanden, aber leider sind wie bereits oben erwähnt
die Rollen, die für sie vorgesehen sind, nicht glaubwürdig
oder sympathisch. Das ist schade. Da hätte man mehr rausholen
können, wenn man vielleicht positive Eigenschaften etwas mehr
ins Zentrum gerückt hätte. Etwas nervig, wenn auch im
Setting passend, ist die Tatsache, dass es einen Sprachenmix von
Deutsch, Französisch, Englisch und Russisch gibt. Ich habe
den Film in OmU gesehen und kann deswegen leider nicht beurteilen,
ob das in der Deutschen Version ebenso ist.
Man hätte eigentlich am Ende erwartet, dass die Arztpraxis,
in der der illegale Klonversuch stattfindet in China liegen müsste.
Stattdessen ist sie natürlich in Russland und bedient eine
Menge Klischees, die man so gar nicht haben müsste. In fast
allen Ländern auf der Erde gibt es Kliniken und Ärzte,
die sich mit Reproduktionsmedizin auseinandersetzen. Illegal ist
es überall, weswegen es irrelevant ist, ob die Klinik nun in
Russland, Deutschland, den USA oder sonst irgendwo liegt. Aber da
hat man ganz billig noch ein Russland-Bashing mit eingebaut, was
nicht sein muss.
Insgesamt hat der Film ein paar echte Probleme,
ob es da nun um die zeitliche Priorisierung der Themen oder die
Figuren sind, aber er stößt einen auf sehr interessante
Fragen, die gar nicht so leicht zu beantworten sind. Deswegen ist
er doch lohnend.
Deutschland,
Frankreich, Großbritannien 2019 | Warner Bros. GmbH
| Start: 14. November 2019 (FSK 12) R: Julie Delpy | D: Julie
Delpy, Richard Armitage, Daniel Brühl