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Startseite > Film > Kino | 13.11.2019

KINO
MY ZOE

Keine Eltern sollten ihre eigenen Kinder zu Grabe tragen müssen. Was, wenn da jemand eine Möglichkeit gefunden hat, dass es nie wieder passieren muss? Es ist ein Spagat zwischen einem Wunder und dem Gefühl das Leben herabzuwürdigen, indem ein Leben nicht mehr einzigartig ist.

von Eve Pohl


© 2019 Warner Bros. Ent., Stephan Rabold

Zwei international orientierte Karrieremenschen, er Architekt, sie Biologin, waren einmal ein Paar und haben ein gemeinsames Kind. Sie teilen sich das Sorgerecht und haben permanent darüber Streit, wer sich kümmert oder eben nicht genug kümmert. Das Kind bekommt Fieber und muss aufgrund einer Schwellung im Gehirn ins Krankenhaus. Nach langem Ringen stirbt sie schließlich und die Eltern gehen sehr unterschiedlich damit um. Während er versucht sich damit abzufinden, ist sie nicht bereit die Tochter aufzugeben und sucht nach einer Möglichkeit sie zu klonen…

Dieser Film hat ein eklatantes Problem damit wie er seine Prioritäten setzt. Die erste Hälfte des Filmes verbringt man damit den beiden Hauptfiguren zu folgen, die nicht wirklich sympathisch sind. Er hat ein Problem seine Aggressivität zu kontrollieren, sie ist besessen von Karrierechancen. Beide sind krampfhaft in ihren Absprachen und können nicht wirklich miteinander reden, sondern lediglich über einen Anwalt kommunizieren. Jede kleinste Abweichung vom ursprünglichen Plan, sei es ein Geschäftstermin oder der Schnupfen der gemeinsamen Tochter, wird zum Anlass genommen um sich gegenseitig zu verletzen. Was das soll, weiß man auch nach über dreißig Minuten nicht.


© 2019 Warner Bros. Ent., Stephan Rabold

Nachdem Zoe, die Tochter, aufgrund einer Hirnschwellung ins Krankenhaus eingeliefert wird, verschlechtert sich ihr Zustand zunehmend. Ihre Eltern trauern, toben und hadern mit dem Schicksal, aber selbst in dieser Extremsituation geben sie einander die Schuld, auch als herauskommt, dass keiner der beiden tatsächlich verantwortlich ist. Die allermeisten Menschen würde in einer Situation in der die Tochter tödlich krank ist, sich annähern, oder irgendeine Art von menschlicher Wärme zeigen. Die beiden hingegen wirken kalt, obwohl Tränen der Verzweiflung fließen. Und im Endeffekt kommt es einem vor, als hätte man es eher mit Robotern als mit echten Menschen zu tun. Es hilft dem Film nicht, dass genau diese beiden Figuren unglaubwürdig wirken und nicht wie die liebenden Eltern, die sie wohl sein sollen.

Mit der Vorgeschichte und dem Bangen um das Leben der Tochter sind bereits zwei Drittel des Filmes vergangen, bis man endlich zum wirklich interessanten Part und zur eigentlichen Frage kommt: Wie stehen wir als Menschheit eigentlich zum Klonen? Die Mutter reist nach Russland, wo sie Versuche unternehmen möchte um die Tochter zu klonen.


© 2019 Warner Bros. Ent., Stephan Rabold

Man kommt als Zuschauerin ins Grübeln, was man selbst in einer solch tragischen Situation machen würde. Würde es vielleicht auch vielen Menschen das Leben retten, gerade wenn es um Organe geht, die nicht im ausreichenden Maße gespendet werden. Oder überschreitet es eine Grenze, die man niemals überschreiten sollte? Wird das Leben so zur Ware, welches man nach Belieben „nachproduzieren“ kann? All das sind Fragen, die mit diesem Film gestellt werden. Er ist nicht belehrend, vielmehr kann man selber darüber nachdenken und das macht der Film wirklich gut. Es ist nämlich keinesfalls so, dass diese Frage hier irgendwie beantwortet wird.

Die Schauspielleistung ist gut, da gibt es nichts zu beanstanden, aber leider sind wie bereits oben erwähnt die Rollen, die für sie vorgesehen sind, nicht glaubwürdig oder sympathisch. Das ist schade. Da hätte man mehr rausholen können, wenn man vielleicht positive Eigenschaften etwas mehr ins Zentrum gerückt hätte. Etwas nervig, wenn auch im Setting passend, ist die Tatsache, dass es einen Sprachenmix von Deutsch, Französisch, Englisch und Russisch gibt. Ich habe den Film in OmU gesehen und kann deswegen leider nicht beurteilen, ob das in der Deutschen Version ebenso ist.
Man hätte eigentlich am Ende erwartet, dass die Arztpraxis, in der der illegale Klonversuch stattfindet in China liegen müsste. Stattdessen ist sie natürlich in Russland und bedient eine Menge Klischees, die man so gar nicht haben müsste. In fast allen Ländern auf der Erde gibt es Kliniken und Ärzte, die sich mit Reproduktionsmedizin auseinandersetzen. Illegal ist es überall, weswegen es irrelevant ist, ob die Klinik nun in Russland, Deutschland, den USA oder sonst irgendwo liegt. Aber da hat man ganz billig noch ein Russland-Bashing mit eingebaut, was nicht sein muss.

Insgesamt hat der Film ein paar echte Probleme, ob es da nun um die zeitliche Priorisierung der Themen oder die Figuren sind, aber er stößt einen auf sehr interessante Fragen, die gar nicht so leicht zu beantworten sind. Deswegen ist er doch lohnend.


Deutschland, Frankreich, Großbritannien 2019 | Warner Bros. GmbH | Start: 14. November 2019 (FSK 12)
R: Julie Delpy | D: Julie Delpy, Richard Armitage, Daniel Brühl


 

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