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Startseite > Film > Kino | 19.11.2018

KINO
Suspiria

Die junge Amerikanerin Susie Bannion kommt 1977 zur renommierten Markos Tanzgruppe nach Berlin. Während Susie unter der revolutionären künstlerischen Leiterin Madame Blanc außergewöhnliche Fortschritte macht, freundet sie sich mit der Tänzerin Sara an.

von Richard-Heinrich Tarenz


© Amazon Studios

Die junge und hoffnungsvolle amerikanische Tänzerin Susie Bannion (Dakota Johnson) zieht nach Deutschland, um dort beim renommierten Markos Tanzensemble in Berlin eine Ausbildung zu absolvieren. Nachdem sie das Vortanzen bestanden hat, freundet sie sich dort mit Sara (Mia Goth) an und macht unter der Aufsicht der künstlerischen Leiterin Madame Blanc (Tilda Swinton), die als eine Revolutionärin gilt, schnell erstaunliche Fortschritte. Doch in der Tanzschule gehen seltsame Dinge vor sich: Kurz vor Susies Ankunft verschwand etwa sogar die Tänzerin Patricia (Chloë Grace Moretz) unter ungeklärten Umständen und Dr. Jozef Klemperer (Lutz Ebersdorf), der Psychotherapeut der jungen Tanzschülerin, kommt bald einem dunklen Geheimnis auf die Spur: Hinter der Fassade der Tanzschule verbergen sich grausame Hexen...

„Suspiria“ von Regisseur Luca Guadagnino („Call Me By Your Name“) ist das sehenswerte Remake eines Horrorfilm-Klassikers aus den 70er Jahren. Der Film ist sperrig, kontrovers und wartet mit Bildern auf, die sich dem Betrachter noch lange in Erinnerung bleiben werden. Schauspielerisch bietet der Film eine große künstlerische Bandbreite. Angeführt von einer großartig agierenden Dakota Johnson gibt es ein Wiedersehen mit Tilda Swinton und Mia Goth. Der Film ist bin die kleinste Nebenrolle sehr hochwertig besetzt. Zu erwähnen sind an dieser Stelle Chloë Grace Moretz, Jessica Harper, Ingrid Caven und Angela Winkler. Mit Jessica Harper schließt sich zudem der Kreis zum Original von 1977, wo die US-amerikanische Schauspielerin die Hauptrolle spielte.

Ein Remake zu drehen, erweist sich oftmals als große Bürde für den Regisseur und dementsprechend ist die Filmgeschichte gepflastert von misslungenen Neuverfilmungen von Filmklassikern. Es stellt sich stets die Frage, ob man die Handlung in einem zeitgemäßen Gewand auf die Leinwand bringt, oder die dahintersteckende Idee weiterentwickelt. Luca Guadagnino hat mit „Suspiria“ einen mutigen Weg eingeschlagen. Er verkehrt das Original in sein genaues Gegenteil. Wo im Original ein kurzer Film mit einem nahezu psychedelischen Look steht, erwartet den Zuschauer nun ein Drama in der epischen Länge von 152 Minuten, welches mit grauen Bildern aufwartet, die jedes farbliche Aufbegehren geradezu im Keim ersticken. Ort der Handlung ist nicht ein verwunschener Ort im Süden Deutschland, sondern der undurchschaubare Großstadtdschungel Berlins der 70er Jahre. Damit grenzt sich der Film von seinem Vorgänger ab und emanzipiert sich als eigenständiges Objekt der Filmgeschichte.

„Suspiria“ ist mehr Drama, als ein Horror-Schocker. Es herrscht eine bedrückende und zutiefst bedrohliche Grundstimmung vor, die sich im Laufe des Films steigert und in einem infernalischen Finale entlädt. Dieses Finale, dass so grausam es auch sein mag, mit einer verführerischen Ästhetik und Schönheit aufwartet, wird noch für viel Gesprächsstoff sorgen. Der wahre Horror herrscht in „Suspiria“ auf den Straßen Berlins. Es herrscht Terror im Land und in den Köpfen der Menschen. Bomben explodieren in der Stadt und Ideologien vergiften die Seelen der Menschen. Hexen und ihre Bedrohung wirken dagegen wie archaische Relikte einer längst vergessenen Zeit. Der Mensch ist den Menschen größter Feind und grausamer als alle noch so schrecklichen Horrorgestalten.


© Amazon Studios

Wirklich gruselig ist Guadagninos Horrorfilm nur selten, über lange Strecken ist „Suspiria“ eher ein finsteres Drama. Auf klassische Jump-Scares wird zum Glück weitestgehend verzichtet. Stattdessen wird eine bedrückende Grundstimmung aufgebaut. Auf den Straßen herrscht Terror, in den Köpfen auch. Alle Fernseh- und Radiosender berichten von der Entführung des Flugzeugs Landshut durch palästinensische Geiselnehmer. In einer Straße in der Nähe von Susies Wohnheim explodiert eine Bombe. Die junge Tänzerin wird von Albträumen heimgesucht, die sich aus anfangs schwer greifbaren Schreckensbildern zusammensetzen. Die biedere Farbpalette trägt zur deprimierenden Atmosphäre bei. Die Bundesrepublik sah selten trostloser aus. Der „Deutsche Herbst“ bietet somit den perfekten Hintergrund für diesen Film. Für die Musik zeichnet Thom Yorke, Sänger der legendären Band Radiohead, verantwortlich. Seine musikalische Untermalung des atemberaubenden und eindrucksvollen Finale des Films ist so verstörend wie wunderschön. Sie bricht die Stimmung und fügt sie zu einem neuen Ganzen zusammen.

Kritisch zu betrachten ist die Nebenhandlung, die den Film mit politischen und historischen Elementen auf- und überlädt. Hier wäre weniger mehr gewesen. Der Regisseur ist bekannt dafür, in seinen Filmen Stellung zu gesellschaftlich relevanten Themen zu beziehen. Waren es bislang subtile Andeutungen, die den Zuschauer zu selbständigen Denken anregen, sind diese Elemente in „suspiria“ sehr deutlich erkennbar und damit angreifbar. Es scheint, als ob Guadagnino nicht nur ein Horror-Drama erschaffen wollte, sondern zugleich ein ganz großes Fass aufmachen wollte. Das funktioniert sehr gut, wenn es um feministische Aspekte geht.

Die Hexen erscheinen als natürliches Gegengewicht von Unterdrückung und Diskriminierung von Frauen durch Männer. So wie die Terroristen der RAF scheinbar gute Absichten haben, diese aber mit den falschen Mitteln durchsetzen, sind die Hexen die avantgardistische Speerspitze des Feminismus. Wenn man die Geschichte der „Hexen“ betrachtet und ihre Verfolgung, bis hin zu Hexenverbrennungen und unbeschreiblichen Gräueltaten gegenüber unschuldigen Frauen, so birgt diese Sichtweise eine gewisse innere Logik. Wo Männer mit plumper Gewalt und agieren, stehen die Hexen für Kunst, Kultur und Tanz. Schwierig und bisweilen langatmig wird es, wenn der Film sich dran macht deutsche Geschichte zu bewältigen und den Bogen vom Dritten Reich hin zum „Deutschen Herbst“ spannt. Das ist ein Element, welches wir im Original nicht finden und das den Film nur in die Länge zieht, ohne substantiell zur Fortführung der Handlung beizutragen. In diesen Momenten driftet der Film ab in einen unnötigen Erklär- und Belehrmodus. Dabei hat der Film das gar nicht nötig. Immer wenn er eben nicht alles erklärt, spielt er seine Stärken aus. Es ist der wahre Horror, der in den Köpfen der Zuschauer stattfindet.


USA, Italien 2018 | Koch Films / capelight pictures | Start: 15. November 2018 (FSK 16)
Regie
: Luca Guadagnino | D: Tilda Swinton, Dakota Johnson, Chloë Grace Moretz, Mia Goth, Jessica Harper

Großes Gewinnspiel

Zum Kinostart verlosen wir:
1 Fan-Paket - bestehend aus



T-shirt, Sticker und 1x2 Freikarten

Teilnahme ab 18 Jahre. Einsendeschluss ist der 21.11.2018. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Zur Teilnahme am Gewinnspiel bitte eine EMail an wildgewinnspiel@gmail.com senden.
Darin bitte folgende Punkte aufführen: Vorname, Nachname, E-Mail, Anschrift
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