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Startseite > Film > Kino | 09.12.2019

KINO
Wild Rose

Nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis will es die 23-jährige Rose-Lynn Harlan aus Glasgow noch einmal wissen. Mit rauem Charisma und unbändigem Talent möchte sie als Country Sängerin durchstarten. Rose-Lynns nächster Stopp wäre Nashville – wären da nicht ihre beiden Kinder, die bisher bei ihrer Großmutter Marion lebten.

von Richard-Heinrich Tarenz


© 2019 eOne Germany

Rose-Lynn Harlan (Jessie Buckley) steckt voller Talent und Ausstrahlung. Frisch aus dem Gefängnis entlassen will sie mit ihren zwei Kindern nur noch aus Glasgow rauskommen und endlich den Durchbruch als Country-Sängerin schaffen. Ihre Mutter Marion (Julie Walters) hat von Rose-Lynns Träumen die Nase langsam voll. Trotzdem zieht die junge Mutter nach Nashville und kann dort in der bekannten Country-Bar „Grand Ole Opry“ wieder in ihrem alten Job als Sängerin anfangen. Doch das Glück ist nur von kurzer Dauer: Die Besitzer Jackie (Janey Godley) und Alan (Craig Parkinson) erfahren von Rose-Lynns Vorgeschichte und schmeißen sie wieder raus. Nun steht sie vor den Scherben ihrer Existenz und kann nur dank dem guten Namen ihrer Mutter einen Job als Putzfrau bekommen. Doch sie landet bei der reichen Susannah (Sophie Okonedo), die Rose-Lynns Talent entdeckt...

„Wild Rose“ von Regisseur Tom Harper (III) („War Book“) gehört zu den emotional stärksten Filmen des Jahres. Hauptdarstellerin Jessie Buckley („Beast“) liefert eine grandiose schauspielerische Leistung ab. Die irische Schauspielerin wächst über sich hinaus und hypnotisiert das Publikum. Der zweite Star des Films ist die Musik. Sie ist gefühlvoll, mitreißend und bleibt noch lange nach dem Ende des Films in lebhafter Erinnerung. Auch wenn Country-Musik nicht jedermanns Sache ist, kann man sich der Faszination nur schwer entziehen. Der Film vermittelt diese Faszination sehr gut und realistisch. Die Szenen in Nashville, der Hauptstadt dieser Musikrichtung, sind eine Reise in eine fremde Welt, die jedoch emotional nicht näher am Herzen liegen könnte. Dort kanalisiert und materialisiert sich jene Sehnsucht der nächste große Star der Country-Musik zu werden und zugleich ist der Ort ein spirituelles Zentrum für einen Lifestyle, der untrennbar mit dieser Musikrichtung zusammenhängt.


© 2019 eOne Germany

Die Figur der Rose-Lynn ist sperrig, kantig und nicht leicht zu fassen. Sie macht es dem Zuschauer nicht gerade einfach sie in sein Herz zu schließen. Sie ist offen und ehrlich und ein guter Mensch. Aber sie ist auch emotional extrem, scheint keine Zwischentöne zu kennen und ist zudem sehr ichbezogen. Wie eine Dampfwalze geht sie gegen alles und jeden vor, der ihrem Traum im Wege steht. Ihrem Traum von den Arbeitersiedlungen im schottischen Glasgow aufzusteigen und eine Karriere als Country-Sängerin zu machen. Da können auch schon mal die eigenen Kinder und die Mutter unter die Räder kommen. Aber wirklich böse sein kann man Rose-Lynn nie. Sie ist eine Projektionsfläche für die emotionale Ambivalenz die in uns allen steckt. Sie unzufrieden mit ihrem Leben und sucht die Schuld gerne bei anderen Menschen und nicht bei sich selbst. Mit zwei Kindern, die sie zur Welt brachte als sie minderjährig war, scheint das Schicksal ihr immer wieder neue Knüppel zwischen die Beine zu werfen. „Wild Rose“ ist auch ein packendes Coming of Age – Drama über das Erwachsenwerden und was es bedeutet Verantwortung zu übernehmen.

Es ist wundervoll mitanzusehen, wie Jessie Buckley diesen starken Film locker auf ihren Schultern trägt. Sie tobt wie eine Naturgewalt durch diesen Film, den man sich unter keinen Umständen entgehen lassen sollte. Sie sing alle Songs selber. Der Umstand, dass sie nicht nur eine sehr talentierte Schauspielerin ist, sondern auch eine erfolgreiche Sängerin ist, war nicht unbedingt negativ für diesen Film. Jessie Buckley IST Rose-Lynn Harlan. Es ist die Rolle ihres Lebens. Da sitzen jede Bewegung und jeder Satz. „Wild Rose“ bricht viele Genre-Konventionen und bietet so manche Überraschungen. Ein Film, der berührt, unterhält und der einfach nur toll ist.


Großbritannien 2018 | Entertainment One Germany (eOne) | Start: 12. Dezember 2019 (FSK 12)
R: Tom Harper (III) | D: Jessie Buckley, Julie Walters, Sophie Okonedo


 

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