Nach
ihrer Entlassung aus dem Gefängnis will es die 23-jährige
Rose-Lynn Harlan aus Glasgow noch einmal wissen. Mit rauem Charisma
und unbändigem Talent möchte sie als Country Sängerin
durchstarten. Rose-Lynns nächster Stopp wäre Nashville –
wären da nicht ihre beiden Kinder, die bisher bei ihrer Großmutter
Marion lebten.
Rose-Lynn
Harlan (Jessie Buckley) steckt voller Talent und Ausstrahlung. Frisch
aus dem Gefängnis entlassen will sie mit ihren zwei Kindern
nur noch aus Glasgow rauskommen und endlich den Durchbruch als Country-Sängerin
schaffen. Ihre Mutter Marion (Julie Walters) hat von Rose-Lynns
Träumen die Nase langsam voll. Trotzdem zieht die junge Mutter
nach Nashville und kann dort in der bekannten Country-Bar „Grand
Ole Opry“ wieder in ihrem alten Job als Sängerin anfangen.
Doch das Glück ist nur von kurzer Dauer: Die Besitzer Jackie
(Janey Godley) und Alan (Craig Parkinson) erfahren von Rose-Lynns
Vorgeschichte und schmeißen sie wieder raus. Nun steht sie
vor den Scherben ihrer Existenz und kann nur dank dem guten Namen
ihrer Mutter einen Job als Putzfrau bekommen. Doch sie landet bei
der reichen Susannah (Sophie Okonedo), die Rose-Lynns Talent entdeckt...
„Wild Rose“ von
Regisseur Tom Harper (III) („War Book“) gehört
zu den emotional stärksten Filmen des Jahres. Hauptdarstellerin
Jessie Buckley („Beast“) liefert eine grandiose schauspielerische
Leistung ab. Die irische Schauspielerin wächst über sich
hinaus und hypnotisiert das Publikum. Der zweite Star des Films
ist die Musik. Sie ist gefühlvoll, mitreißend und bleibt
noch lange nach dem Ende des Films in lebhafter Erinnerung. Auch
wenn Country-Musik nicht jedermanns Sache ist, kann man sich der
Faszination nur schwer entziehen. Der Film vermittelt diese Faszination
sehr gut und realistisch. Die Szenen in Nashville, der Hauptstadt
dieser Musikrichtung, sind eine Reise in eine fremde Welt, die jedoch
emotional nicht näher am Herzen liegen könnte. Dort kanalisiert
und materialisiert sich jene Sehnsucht der nächste große
Star der Country-Musik zu werden und zugleich ist der Ort ein spirituelles
Zentrum für einen Lifestyle, der untrennbar mit dieser Musikrichtung
zusammenhängt.
Die
Figur der Rose-Lynn ist sperrig, kantig und nicht leicht zu fassen.
Sie macht es dem Zuschauer nicht gerade einfach sie in sein Herz
zu schließen. Sie ist offen und ehrlich und ein guter Mensch.
Aber sie ist auch emotional extrem, scheint keine Zwischentöne
zu kennen und ist zudem sehr ichbezogen. Wie eine Dampfwalze geht
sie gegen alles und jeden vor, der ihrem Traum im Wege steht. Ihrem
Traum von den Arbeitersiedlungen im schottischen Glasgow aufzusteigen
und eine Karriere als Country-Sängerin zu machen. Da können
auch schon mal die eigenen Kinder und die Mutter unter die Räder
kommen. Aber wirklich böse sein kann man Rose-Lynn nie. Sie
ist eine Projektionsfläche für die emotionale Ambivalenz
die in uns allen steckt. Sie unzufrieden mit ihrem Leben und sucht
die Schuld gerne bei anderen Menschen und nicht bei sich selbst.
Mit zwei Kindern, die sie zur Welt brachte als sie minderjährig
war, scheint das Schicksal ihr immer wieder neue Knüppel zwischen
die Beine zu werfen. „Wild Rose“ ist auch ein packendes
Coming of Age – Drama über das Erwachsenwerden und was
es bedeutet Verantwortung zu übernehmen.
Es
ist wundervoll mitanzusehen, wie Jessie Buckley diesen starken Film
locker auf ihren Schultern trägt. Sie tobt wie eine Naturgewalt
durch diesen Film, den man sich unter keinen Umständen entgehen
lassen sollte. Sie sing alle Songs selber. Der Umstand, dass sie
nicht nur eine sehr talentierte Schauspielerin ist, sondern auch
eine erfolgreiche Sängerin ist, war nicht unbedingt negativ
für diesen Film. Jessie Buckley IST Rose-Lynn Harlan. Es ist
die Rolle ihres Lebens. Da sitzen jede Bewegung und jeder Satz.
„Wild Rose“ bricht viele Genre-Konventionen und bietet
so manche Überraschungen. Ein Film, der berührt, unterhält
und der einfach nur toll ist.
Großbritannien
2018 | Entertainment One Germany (eOne) | Start:
12. Dezember 2019 (FSK 12) R: Tom Harper (III) | D:
Jessie Buckley, Julie Walters, Sophie Okonedo