Startseite > Gesellschaft > Sachbuch | 08.04.2020

SACHBUCH
Wir brauchen eine neue Ostpolitik:
Russland als Partner

Kein Frieden ohne Russland - Das politische Vertrauen zwischen Russland und dem Westen ist nahezu zerstört. Ein gefährlicher Rüstungswettlauf hat begonnen. Gewalt gehört nach dem Ende des Kalten Krieges keineswegs der Vergangenheit an, die Konflikte im ehemaligen Jugoslawien und heute in der Ukraine sind alarmierende Beispiele.

von Richard-Heinrich Tarenz

Kein Frieden ohne Russland
Das politische Vertrauen zwischen Russland und dem Westen ist nahezu zerstört. Ein gefährlicher Rüstungswettlauf hat begonnen. Gewalt gehört nach dem Ende des Kalten Krieges keineswegs der Vergangenheit an, die Konflikte im ehemaligen Jugoslawien und heute in der Ukraine sind alarmierende Beispiele. Gerät der sich zuspitzende Ost-West-Konflikt außer Kontrolle Matthias Platzeck, den russischen Menschen und ihrem Land seit jeher verbunden, fordert nichts weniger als eine neue Ostpolitik: Wieder geht es darum, »Gräben zu überwinden, nicht zu vertiefen« (Willy Brandt). Denn ohne oder gegen Russland wird dieser Kontinent den Europäern kein friedliches Zuhause sein.

Im Bereich der Sachbücher ist es nicht alltäglich und schon gar nicht selbstverständlich, wenn ein Buch sowohl große Lesefreude als auch persönlichen Informationsgewinn beinhaltet. Das sich beide Sachverhalte in dem vorliegenden Buch von Matthias Platzeck, seines Zeichens ehemaliger SPD-Vorsitzender und ehemaliger Ministerpräsident von Brandenburg, erfüllen, spricht sowohl für den Autor als auch für eine Empfehlung, sich mit diesem 256 Seiten ernsthaft auseinanderzusetzen. Matthias Platzeck versteht es sehr gut zwischen persönlichen Erfahrungen, Meinung und Fakten zu unterscheiden und das auch für die Leserinnen und Leser deutlich zu machen. Geht es um doch in diesem Buch um die wichtige Frage, warum 30 Jahre nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes der Frieden in Europa fragiler ist denn je. Was dieses Buch so interessant macht ist der Umstand, dass hier keine simplen Schuldzuweisungen betrieben werden. Was ist nur aus den Träumen von einem gemeinsamen Haus Europa geworden, die nach 1989/1990 so allgegenwärtig und greifbar waren?

Indem sich der Autor nicht an Schuldzuweisungen beteiligt, hat er den Blick frei für mögliche Lösungsansätze, um aus dieser verfahrenen und gefährlichen Situation herauszukommen. Er zeigt, wie man Lösungen finden kann, welche die Interessen Russlands berücksichtigen. Ein wahrer Frieden ist immer ein gerechter Frieden, der die Interessen aller Beteiligten würdigt und berücksichtigt. Doch dafür muss man erst einmal die Denkweise Russlands und damit seiner politischen, kulturellen und geistigen Eliten verstehen und nachvollziehen. Matthias Platzeck bezieht sich dabei ausdrücklich auf die Entspannungspolitik von Willy Brandt und Egon Bahr in den 1970er Jahren. Das Buch ist engagiertes Plädoyer für mehr Weitsicht in der Diplomatie und Einfühlungsvermögen in die Denkweise Russlands. Eine neue Ostpolitik ist demnach nicht nur eine Frage der Inhalte, sondern vor allen Dingen eine Frage des respektvollen Umgangs. Wir brauchen diese neue Ostpolitik dringender denn je. Dieses Buch kann hoffentlich das Bewusstsein dafür schärfen und helfen Russland besser zu verstehen.


Matthias Platzeck | Wir brauchen eine neue Ostpolitik: Russland als Partner | Propyläen Verlag

 

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