Berlin
zur Zeit des Mauerfalls: Erika zur Linde erfährt, dass ihr
Vater Ulrich sich überraschend an seinem Schreibtisch erschossen
hat. Als sie in seinem Nachlass stöbert, fällt ihr das
Tagebuch ihrer Mutter Sophie in die Hände. Gebannt fängt
sie an zu lesen und stößt dabei auf einen gewissen Felix
Auerbach: einen blonden, attraktiven Juden und Schulfreund ihres
Vaters. Während Ulrich als Offizier in den Krieg musste, hielt
Sophie Auerbach bei sich versteckt, dabei geriet die Welt der regimetreuen
Neunzehnjährigen ins Wanken - in mehr als einer Beziehung.
Was Erika bei ihren Nachforschungen erfährt, bringt alles in
Gefahr: ihr Erbe, den Ruf ihres Vaters und nicht zuletzt ihre eigene
Identität.
„Sophies
Tagebuch“ spielt in der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Einer
Zeit, über die bereits viel geschrieben wurde und die trotzdem
immer noch die Menschen bewegt und in ihn ihren Bann zieht. Daraus
konstituiert sich eine Grundneugierde in Bezug auf dieses Buch,
die bei der Lektüre nicht enttäuscht wird. Dabei entführt
dieses Buch den Leser nicht nur in die Zeit des Zweiten Weltkrieges,
sondern agiert auf zwei Zeitebenen und spielt außerdem zur
Zeit des Berliner Mauerfalls. Zwei bedeutende Kapitel der jüngeren
deutschen Geschichte bilden das erzählerische Rückgrat
dieser spannenden Geschichte. Der Einstieg in das Buch gelingt problemlos,
was am spannenden Inhalt liegt, der sich flüssig liest. Nicolas
Remin ist bekannt für seinen direkten und schnörkellosen
Schreibstil, der sich auch in „Sophies Tagebuch“ widerspiegelt.
Jedes Wort in diesem Roman scheint sorgfältig gewählt
und voller Bedeutung. Der beschreibende Schreibstil ist atmosphärisch
so dicht, dass man das Gefühl hat, direkt bei den beschriebenen
Ereignissen dabei zu sein.
Durch
den Umstand, dass es sich um ein Tagebuch handelt, wenn es um die
Zeit des Zweiten Weltkriegs geht, hat man einen direkten emotionalen
Zugang zu einer Sophie, die jung und naiv erscheint und nicht wirklich
versteht, was da um sie herum passiert. Dazu der Kontrast der Ereignisse
im Jahre 1989. Zusammen entsteht so ein machtvolles Porträt
in den Wirrungen ihrer Zeit. Zugleich ist es die Auseinandersetzung
und Spurensuche einer Frau mit ihrer Mutter. Die Vergangenheit wird
in den Worten des Tagebuchs lebendig und greifbar. Es sind diese
unterschiedlichen Perspektiven, welche diesen Roman so interessant
und besonders machen. So lernt man nach und nach wichtige Dinge
über verschiedene Charaktere, wobei das simple Gut/Böse
- Schema schnell an Bedeutung verliert. Diese Menschen sind voller
Emotionen, Abgründen und lassen sich nicht so einfach fassen.
„Sophies Tagebuch“ ist interessant und spannend. Man
versinkt sehr schnell in die Handlung und findet auch beim zweiten
Durchlauf immer wieder neue interessante Aspekte und Details. Das
Buch ist ein gelungener Familienroman, der sich auf verschiedenen
Zeitebenen bewegt und zu keinem Zeitpunkt langweilig ist.
Nicolas
Remin | Sophies Tagebuch| Rowohlt Taschenbuch