Startseite > Kultur > Literatur | 01.01.2020

LITERATUR
Tod eines Gentleman

London, 1924. Nach den Schrecken des Ersten Weltkriegs liegt über den Straßen der Metropole Aufbruchsstimmung. Wissenschaft, Frieden und Wirtschatsaufschwung scheinen wieder möglich zu sein. Doch in den finsteren Gassen Londons regiert nach wie vor das Verbrechen – und der Schrecken der immer noch traumatisierten Soldaten.

von Eve Pohl


© Heyne Verlag

London, 1924. Nach den Schrecken des Ersten Weltkriegs liegt über den Straßen der Metropole Aufbruchsstimmung. Wissenschaft, Frieden und Wirtschatsaufschwung scheinen wieder möglich zu sein. Doch in den finsteren Gassen Londons regiert nach wie vor das Verbrechen – und der Schrecken der immer noch traumatisierten Soldaten. Als Eric Peterkin, seines Zeichens Gentleman und Kriminallektor, an einem nebligen Morgen die heiligen Hallen des ehrwürdigen Britannia Clubs betritt, ahnt er nicht, dass er bald in einen handfesten Mord aus Fleisch und Blut verwickelt sein wird. Ein Clubmitglied wird erstochen und flüstert Peterkin ein letztes Vermächtnis ins Ohr: „Rächen Sie die Vergangenheit!“ Peterkin macht sich auf in die nebligen Gassen Londons und kommt einem Verbrechen auf die Spur, das von finsteren Opiumhöhlen zu den eleganten Zimmern hoher Politiker führt...

Die Handlung dieses Kriminalromans, in dem der Protagonist selber Lektor für ebensolche Romane ist, baut sich langsam auf, wie zu früheren Zeiten eben alles etwas langsamer vonstatten ging, als es eben noch keine E-Mails oder Telefone in jedem Haushalt gab. So muss Eric Peterkin, der als Veteran aus dem ersten Weltkrieg Mitglied im ehrwürdigen Britannia Herrenclub ist, behutsam und genau vorgehen. Informationen müssen sich langsam erarbeitet werden, indem man andere befragt oder im Archiv recherchiert. So schafft es der Autor Christopher Huang in seinem Debutroman „Tod eines Gentleman/A Gentleman's murder“ eine engmaschige Atmosphäre zwischen Leichtigkeit und Amüsement der 20er Jahre, Standes- und Geschlechterrollen, einer ganzen Generation von Männern mit Kriegstraumata und dann am Ende auch Nationalismus und Rassismus und gleichzeitig Erfindungen, die große Erleichterungen in vielen Lebensbereichen versprechen. Peterkin, der selber eine chinesische Mutter hatte, kritisiert, dass in den Kriminalromanen seiner Zeit immer ein Chinese der Bösewicht ist. Ob es in diesem Fall auch so ist, wird natürlich an dieser Stelle nicht verraten. Huangs Schreibstil ist langatmig und beschreibend. In einer gewissen Art erinnert er an die Meisterin der historischen Krimis in der Viktorianischen Zeit, Anne Perry. Auch er schafft es mit seinen Beschreibungen, dass ein Bild vor dem inneren Auge erscheint und man sich wunderbar in die Welt einfühlen kann. Insgesamt legt Huang einen ganz ordentlichen Debutroman vor. An der ein oder anderen Stelle könnte man sicherlich noch am Stil feilen und auch die Geschichte könnte raffinierter sein, aber der Roman versteht zu unterhalten und zeichnet ein lebendiges Bild der 20er Jahre, das ist ganz wunderbar und macht großen Spaß diese mit Eric Petersen zu erleben.


Christopher Huang | Tod eines Gentleman | Heyne Verlag

 

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