London,
1924. Nach den Schrecken des Ersten Weltkriegs liegt über den
Straßen der Metropole Aufbruchsstimmung. Wissenschaft, Frieden
und Wirtschatsaufschwung scheinen wieder möglich zu sein. Doch
in den finsteren Gassen Londons regiert nach wie vor das Verbrechen
– und der Schrecken der immer noch traumatisierten Soldaten.
Als Eric Peterkin, seines Zeichens Gentleman und Kriminallektor,
an einem nebligen Morgen die heiligen Hallen des ehrwürdigen
Britannia Clubs betritt, ahnt er nicht, dass er bald in einen handfesten
Mord aus Fleisch und Blut verwickelt sein wird. Ein Clubmitglied
wird erstochen und flüstert Peterkin ein letztes Vermächtnis
ins Ohr: „Rächen Sie die Vergangenheit!“ Peterkin
macht sich auf in die nebligen Gassen Londons und kommt einem Verbrechen
auf die Spur, das von finsteren Opiumhöhlen zu den eleganten
Zimmern hoher Politiker führt...
Die
Handlung dieses Kriminalromans, in dem der Protagonist selber Lektor
für ebensolche Romane ist, baut sich langsam auf, wie zu früheren
Zeiten eben alles etwas langsamer vonstatten ging, als es eben noch
keine E-Mails oder Telefone in jedem Haushalt gab. So muss Eric
Peterkin, der als Veteran aus dem ersten Weltkrieg Mitglied im ehrwürdigen
Britannia Herrenclub ist, behutsam und genau vorgehen. Informationen
müssen sich langsam erarbeitet werden, indem man andere befragt
oder im Archiv recherchiert. So schafft es der Autor Christopher
Huang in seinem Debutroman „Tod eines Gentleman/A Gentleman's
murder“ eine engmaschige Atmosphäre zwischen Leichtigkeit
und Amüsement der 20er Jahre, Standes- und Geschlechterrollen,
einer ganzen Generation von Männern mit Kriegstraumata und
dann am Ende auch Nationalismus und Rassismus und gleichzeitig Erfindungen,
die große Erleichterungen in vielen Lebensbereichen versprechen.
Peterkin, der selber eine chinesische Mutter hatte, kritisiert,
dass in den Kriminalromanen seiner Zeit immer ein Chinese der Bösewicht
ist. Ob es in diesem Fall auch so ist, wird natürlich an dieser
Stelle nicht verraten. Huangs Schreibstil ist langatmig und beschreibend.
In einer gewissen Art erinnert er an die Meisterin der historischen
Krimis in der Viktorianischen Zeit, Anne Perry. Auch er schafft
es mit seinen Beschreibungen, dass ein Bild vor dem inneren Auge
erscheint und man sich wunderbar in die Welt einfühlen kann.
Insgesamt legt Huang einen ganz ordentlichen Debutroman vor. An
der ein oder anderen Stelle könnte man sicherlich noch am Stil
feilen und auch die Geschichte könnte raffinierter sein, aber
der Roman versteht zu unterhalten und zeichnet ein lebendiges Bild
der 20er Jahre, das ist ganz wunderbar und macht großen Spaß
diese mit Eric Petersen zu erleben.
Christopher
Huang | Tod eines Gentleman | Heyne Verlag